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Kultur: Der Küchenkrieg

„Das Haus aus Sand und Nebel“: Ben Kingsley kämpft um eine Unterkunft und seine Würde

Vielleicht ist das Schicksal keine göttliche, sondern einfach nur eine buchhalterische Angelegenheit. So wie in Vadim Perelmans Regiedebüt „Ein Haus aus Sand und Nebel“, wo sich der Rechtsstreit um einen Bungalow zu einem existenziellen Zweikampf entwickelt. Das Haus, für das ihr Vater ein Leben lang Schulden abbezahlt hat, ist der einzige Fixpunkt, der Kathy (Jennifer Connelly) in ihrem Leben geblieben ist. Ihr Freund hat sie kürzlich verlassen, mit ein paar Putzjobs hält sich die trockene Alkoholikerin über Wasser. Dann klingelt es, der Gerichtsvollzieher heftet den Pfändungsbescheid an die Tür, ein freundlicher Polizist hilft beim Zusammenpacken.

Die Briefe vom Finanzamt hatte Kathy nicht geöffnet, bei der Zwangsversteigerung fällt das Haus für ein Viertel seines Marktwertes an Massoud Behrani (Ben Kingsley). Unter dem Schah ein hoch dekorierter Luftwaffenoffizier, war er vor der islamischen Revolution aus dem Iran geflohen. Um den standesgemäßen Luxus für seine Familie aufrechtzuerhalten, arbeitet Behrani in Kalifornien als Straßenbauer und Tankstellenkassierer. Sein letztes Geld hat er für das malerisch in einer Bucht bei San Francisco gelegene Domizil ausgegeben, er hofft, es bald für ein Mehrfaches verkaufen zu können. Mit dem Gewinn will der Iraner ein neues Leben aufbauen. Für Behrani ist das Haus eine Investition in die Zukunft, für Kathy ist es die letzte Verbindung zur Vergangenheit.

Vor dem Hintergrund moderner Abstiegsängste erzählt Perelman eine Tragödie von griechischen Ausmaßen. Jede der Figuren scheint nach den eigenen moralischen Maßstäben das Richtige zu tun. Doch dieses Beharren auf dem eigenen Recht löst eine fatale Kettenreaktion aus, ein Kampf der Kulturen im Kleinmaßstab. „Ein Haus aus Sand und Nebel“, die Adaption eines gleichnamigen Romans von Andre Debus, ist bestes Erzählkino, das sich aus der Psychologie seiner Figuren und nicht aus Formatvorlagen von Plotkonstrukteuren entwickelt. Der Film erhielt drei Oscar-Nominierungen, eine davon für Ben Kingsley. Mit jeder Zelle seines Körpers strahlt der begnadete Darsteller den gebrochenen Stolz seiner Figur aus. Ein Mann, mit dem man Mitleid hat, vor dem man sich aber auch fürchtet.

Cinemaxx Potsdamer Platz, Filmkunst 66, Hackesche Höfe, Kulturbrauerei, OV im Cinestar im Sony Center

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