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Strippenzieher. Der 55-jährige Musikmanager und Jurist Thomas Kipp.

© Matthias Heyde

Thomas Kipp im Porträt: Der Mann hinter Deutschlands größter Klassik-Holding

Als Geschäftsführer der Berliner Rundfunkorchester und -chöre GmbH muss Thomas Kipp vier Ensembles und ein Millionen-Budget managen.

Mit Quartetten kennt er sich aus: Thomas Kipp ist stolzer Vater von vier Kindern, als Hauptabteilungsleiter im WDR war er für die vier Musikensembles des Funkhauses zuständig – und seit 2012 kümmert er sich nun als Geschäftsführer der Rundfunkorchester und -chöre GmbH (ROC) in Berlin um den RIAS Kammerchor, das Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin, das Deutsche Symphonie-Orchester und den Rundfunkchor.

Dass sein Name trotzdem kaum je in den Medien auftaucht, damit hat Thomas Kipp kein Problem. Zum einen ist der studierte Jurist alles andere als eitel, und zum anderen besteht die Herausforderung bei seinem Job ja gerade darin, im Hintergrund die Strippen zu ziehen. Wenn also nichts über die internen Etatverhandlungen bei der ROC oder die nicht immer ganz leichte Suche nach Chefdirigenten in die Öffentlichkeit dringt, dann ist die Sache für Kipp gut gelaufen.

Einen „Übersetzer“ nennt er sich – und sprachliche Vermittlungsaufgaben gibt es wahrlich viele in diesem merkwürdigen Klassik-Konstrukt, das 1994 gegründet wurde, um die Zukunft der Musikerinnen und Musiker zu sichern, die bei den Sendeanstalten der beiden Berliner Stadthälften angestellt waren, also beim SFB, beim RIAS und beim Rundfunk der DDR. Ein Quartett von Institutionen wiederum sorgt für die Finanzierung der Holding, nämlich Deutschlandradio als Hauptgesellschafter mit einem Anteil von 40 Prozent, das Kulturstaatsministerium (35 Prozent), das Land Berlin (20 Prozent) sowie der RBB (fünf Prozent). Die Ensembles erwirtschaften ja nach Spielplan Einnahmen von jährlich rund sieben Millionen Euro, die Zuschüsse der Gesellschafter liegen bei derzeit rund 32 Millionen Euro. Es ist also keine kleine Firma, die Thomas Kipp da leitet.

Zwischen den Geldgebern und den Künstlern agiert Thomas Kipp wie ein Diplomat, der danach strebt, den vielfältigen Interessen aller Beteiligten gerecht zu werden. Und zwar so, wie er es auch familienintern stets versucht hat: „Wenn es um Aufmerksamkeit geht oder auch um Geld, muss man jedem Kind auf seine Art gerecht werden“, sagt der 55-Jährige. Ziemlich heikel war es zum Beispiel, als das Deutsche Symphonie-Orchester und das Rundfunk-Sinfonieorchester 2015 zeitgleich nach neuen künstlerischen Leitern suchten. Kipp hatte den Vorsitz in beiden Findungskommissionen – und hätte im Zweifelsfall eingreifen müssen, wenn die Ensembles denselben Maestro als Favoriten auserkoren hätten.

Als Geschäftsführer hält sich Thomas Kipp im Hintergrund, er versteht sich als Teamplayer

Es kam zum Glück anders, auch, weil Thomas Kipp mit dem Musikervertretern und Managern beider Formationen zuvor intensiv darüber diskutiert hatte, in welche Richtung sie ihr künstlerisches Profil schärfen wollen. Dass Robin Ticciati nun ab diesem Herbst das DSO leiten wird und Vladimir Jurowski das RSB, also zwei der interessantesten Vertreter der jüngeren Dirigentengeneration, machte es dem ROC-Geschäftsführer leicht, die Wahl gegenüber den Gesellschaftern zu vertreten.

Wenn durch die Medien mal wieder das Gerücht geistert, Kulturstaatsministerin Monika Grütters wolle sich finanziell an den Berliner Philharmonikern beteiligen, muss Thomas Kipp lächeln: „Der Bund hat ja schon zwei Orchester.“ Eben das DSO und das RSB, die ja auch regelmäßig als Botschafter des Landes unterwegs sind, national wie international. Und zwei Profichöre, die zur absoluten Weltspitze gehören. Insgesamt sind 331 Menschen bei der ROC beschäftigt, zum allergrößten Teil Künstler.

Musiker wollte übrigens auch Thomas Kipp mal werden, zu Schulzeiten im Ruhrgebiet. „Das Fagott war mein Instrument, das habe ich geliebt wie einen zusätzlichen Körperteil“, erzählt er. „Allerdings habe ich schon als Jugendlicher genauso gerne Solo gespielt wie basso continuo, also das Fundament der Musik, bei dem man als Spieler ja die Melodie auch immer mitdenken muss.“ Als Teamplayer versteht er sich auch in seiner jetzigen Position, als einer, der nicht im Rampenlicht stehen muss – und den Kollegen trotzdem Impulse geben kann.

Mindestens bis 2021 läuft Thomas Kipps Vertrag in Berlin. Neben der Sicherung des Finanzbedarfs würde er mittelfristig auch gerne die räumlichen Arbeitsbedingungen für die ROC verbessern. Derzeit proben die Künstlerinnen und Künstler nämlich größtenteils im Charlottenburger RBB-Gebäude, während die Verwaltung ihre Büros am Gendarmenmarkt in Mitte hat. „Die Musiker und die Organisation näher zusammenzubringen“ erscheint dem Pragmatiker Kipp sinnvoller, als von einem eigenen ROC-Konzertsaal zu träumen: „Dafür sind die vier Ensembles zu ähnlich in ihrer Terminplanung“, findet er, „und zu unterschiedlich, was die ideale Raumgröße für ihre Projekte angeht.“

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