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Kultur: Der Markt wird’s richten

Das Frauenfilmfestival „femme totale“ Dortmund dreht sich um das Thema Geld

Großformatige Farbfotografien zum Thema Konferenzräume von Barbara Bühler sind zur Zeit im Rahmen des Dortmunder Frauenfilmfestivals Femme totale in der dortigen St. Rainoldi-Kirche zu sehen, wo sie gemeinsam mit dem im Filmprogramm gezeigten Dokumentarfilm „Die Kinder des Geldes“ der Liechtensteiner Filmregisseurin Daniella Marxer dem internationalen Zentrum von Geldwäsche und Finanzskandalen ein kritisches Denkmal setzen. Die Aufmerksamkeit fürs Geschäft kommt nicht von ungefähr: Die Kuratorinnen der „femme totale“, die seit nunmehr achtzehn Jahren mit dem für ein Filmfestival ungewöhnlichen Konzept wechselnder thematischer Schwerpunkte Akzente setzen, haben sich zur aktuellen Ausgabe mit dem „Thema: Geld“ einen ebenso naheliegenden wie gewichtigen Brocken vorgenommen. Dabei reflektiert die pekuniäre Thematik für das Festival einen ganz konkreten Reiz: Nach kräftezehrendem jahrelangem Gezerre hat sich die nordrhein-westfälische Kulturverwaltung jetzt endgültig entschlossen, mit ihrer Sparwut die beiden im Lande stattfindenden – bundesweit einzigen – Frauenfilmfestivals in Köln und Dortmund als eigenständige Veranstaltungen abzuschaffen. Diese, bisher im Zweijahres-Rhythmus alternierend, bekamen gemeinsam 160000 Euro Landeszuschuss im Jahr. 60000 davon sollen jetzt eingespart werden, indem die konzeptuell völlig unterschiedlichen Veranstaltungen unter eine einheitliche Oberhoheit mit Standbein in Dortmund gezwungen werden sollen. Alles weitere ist bislang noch unklar.

Allerdings ist der Stoff, der die Welt zusammenhält, sinnlich schwer zu greifen, wenn man nicht die Moneten selbst auf die Leinwand bannen will. So macht , wie es Sibylle Stürmer in ihrem Film „Fahrt in Blaue“, der auf den Kupferstichen von Banknoten aus aller Herren Länder eine kleine Weltreise unternimmt. Eine überzeugend schlichte Deutung des stofflichen Aspekts gibt Emre Tuncers „Wa(ä)hrung“: Da stopft die österreichische Perfomancekünstlerin Miki Malör sich so lange Münzen ins Maul, bis sich ihr Gesicht zu einer abstoßenden Fratze materieller Übersättigung ausbeult. So konkret ist Geld selten im Kino zu sehen.

Im übrigen ist der Verkauf des weiblichen Körpers als Ware wohl die beliebteste Metapher sowohl für die Attraktionen des Marktes wie für seine Verkommenheiten. Das ist in Filmen von Frauen nicht unbedingt anders. Doch der Preisträgerfilm des dieses Jahr neu aus der Taufe gehobenen und mit 25000 Euro stattlich dotierten Regiewettbewerbs zeigt, wie Prostitution als Filmstoff ohne metaphysische Projektionen aussieht: Keren Yedayas israelisch-französische Koproduktion „Or“ erzählt eine ebenso schlichte wie realistische Mutter-Tochter-Geschichte von Menschen, die am Rand der Gesellschaft ihr Leben erstreiten.

Die Präsenz historischer Filme und die Aufmerksamkeit für die Gewerbe weiblichen Filmschaffens jenseits der Regie sind traditionelle Stärken des Dortmunder Festivals. So scheint auch die Schauspielerin Asta Nielsen in Edmund Edels frühem Stummfilm als „Die Börsenkönigin“ allen nachfolgenden Businessfrauen Hollywoods an autonomer Präsenz um einiges voraus. Dass der technische Fortschritt auch mit sozialem und künstlerischem einher geht, möchte man nach dieser Reise in die Vergangenheit nicht mehr glauben. Vielleicht ist Dortmund kein schlechter Ort für solch ernüchternde Erkenntnisse.

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