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Kultur: Der Meisterwerker

Philippe de Montebello hört auf – nach 31 Jahren als Chef des Metropolitan Museum New York

Sechs Seiten lang ist die Pressemeldung, die das Metropolitan Museum of Art am Dienstag herausgab. Philippe de Montebello, der 71-jährige Direktor des New Yorker Universalmuseums, wird seinen Posten Ende des Jahres aufgeben – nach dann 31 Jahren an der Spitze des Hauses mit seinen 17 Abteilungen, das mit der Ausstellung seiner französischen Meisterwerke des 19. Jahrhunderts vergangenes Jahr in Berlin Furore gemacht hat.

Die Suche nach einem Nachfolger dürfte sich als schwierig erweisen. Wen die sechsseitige Hagiographie des Metropolitan nicht schreckt, muss schier Übermenschliches vorzuweisen haben, um vor den Augen der Trustees zu bestehen.

Mit Montebello geht ein Kunstliebhaber in Ruhestand, wie ihn amerikanische Museen kaum noch kennen. Er ist als elitär, ja – schlimmer noch – als „europhil“ verschrien. In den Medien wurde immer wieder seine gewählte Aussprache à la française glossiert – obwohl Montebello bereits mit 13 Jahren in die USA kam.

Bildung heißt für ihn die Aufgabe des Museums, nicht Rendite oder Besucherrekorde. Dass das Metropolitan unter Montebellos Führung seine Ausstellungsflächen verdoppelt und zudem die Besucherzahlen vor dem Terroranschlag von 2001 beinahe wiedererreicht hat, steht dem nicht entgegen. Und auch die auf fast eine Milliarde Dollar angesetzte Spendenkampagne des Metropolitan läuft rund, wenngleich Montebello bisweilen von Zeiten träumte, als die Hauptarbeit eines Direktors noch nicht im fundraising bestand.

Ein amerikanischer Museumsdirektor muss heutzutage Alleskönner sein. Glenn Lowry vom Museum of Modern Art und Thomas Krens vom Guggenheim sind stolz auf ihre Uni-Abschlüsse in Betriebswirtschaft. Demgegenüber hat Montebello stets Kenntnis und Wertschätzung der Kunst, und das heißt für das Metropolitan: des Meisterwerks, in den Mittelpunkt gestellt. Er trat in die Fußstapfen eines charismatischen Vorgängers. Thomas Hoving hatte das Metropolitan aus staubbedeckter Ruhe geweckt und in den sechziger Jahren die Großausstellung mit begleitendem Medienrummel erfunden. Im Konkurrenzkampf kommt kein New Yorker Museum mehr um solche blockbuster herum. Montebello hat immerhin dafür gesorgt, dass die seinen – wie die Ausstellungen zu Velázquez, Byzanz oder Rembrandt – von gediegener wissenschaftlicher Arbeit unterfüttert werden. 300 Mitarbeiter sind im kuratorischen Bereich tätig, 2300 weitere halten Haus und Betrieb in Gang. Es gibt nur sehr wenige Kandidaten, die für den Chefposten an der Fifth Avenue in Frage kommen. Bernhard Schulz

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