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Kultur: "Der Nudelfresser": Pappige Pasta - Uraufführung am Deutschen Theater Berlin

Nein, er mag sie nicht, diese endlosen Monologe von einsamen Menschen, die ihre kaputte Psyche auf der Bühne ausbreiten und im Hinterzimmer ihre tote Mutter verstecken. Auch will er nicht mitspielen in einem Endzeitstück, bei dem er in seinem Kopfgefängnis die Apokalypse ausbrütet, während draußen bereits das absolute Nichts wartet.

Nein, er mag sie nicht, diese endlosen Monologe von einsamen Menschen, die ihre kaputte Psyche auf der Bühne ausbreiten und im Hinterzimmer ihre tote Mutter verstecken. Auch will er nicht mitspielen in einem Endzeitstück, bei dem er in seinem Kopfgefängnis die Apokalypse ausbrütet, während draußen bereits das absolute Nichts wartet. So gern würde unser "Nudelfresser", der in einem fort Probleme und Pasta auskotzt, mal in einem richtigen Dialog-Stück agieren.

Weder Wilfried Happel, er hat das vertrackte Stück geschrieben, noch Michael Schweighöfer, er hat es in den Kammerspielen des Deutschen Theaters zur Uraufführung gebracht, springen dem "Nudelfresser" hilfreich zur Seite. Von Autor und Regisseur - scheinbar - bösartig in Stich gelassen, kämpft Robert Gallinowski ums Überleben. Gegen die Verstopfung und Vermüllung, die sich einstellen, wenn man immer wieder Pastaberge in sich hineinmampfen und Theaterklischees auftürmen muss.

Natürlich ist alles, was sich da 75 äußerst unterhaltsame, aber für kulinarische Feinschmecker schwer erträgliche Minuten auf der leer geräumten Werkbühne ereignet, ein wohl kalkuliertes Spiel im Spiel. Denn der zum einsamen Bühnen-Monolog verurteilte "Nudelfresser" ist dazu verdammt, über einsame Bühnen-Monologe zu räsonieren. Das wäre nicht abendfüllend, würde er nicht wortgewaltig und unter gestischem und mimischem Dauerdampf gegen Stück, Rolle und Autor wettern und rhetorische und schauspielerische Kapriolen schlagen.

Robert Gallinowski und die Zuschauer müssen einiges ertragen können. Keine leckeren Küchengerüche umschmeicheln die Nase, auf dem Tisch steht kein köstlicher Wein. Statt dessen schaufelt der "Nudelfresser" pappige, mit Ketchup besudelte Teigwaren in seinen Mund, trinkt er abgestandenen Kaffee, raucht er ohne Unterlass. Und er redet und rumort und schimpft und und schwitzt. Aber niemand hört zu - weder Autor und Regisseur noch die Geliebte, die viellleicht alle im imaginären Hinterzimmer hocken, vielleicht aber längst tot sind oder nie existiert haben. "Ich habe keine Lust, hier irgendetwas zu bedeuten", wehrt sich der Schauspieler, der so gern ein Eigenleben führen würde, dem das Ketchup- und Pasta-Gepansche peinlich ist und dann doch immer wieder zurückkehrt in eine groteske Inszenierung, die ihren Schabernack treibt mit Psychokrampf und Beziehungskampf und beweist, dass man mit Monologen ganze Theaterwelten herbeizitieren kann.

Frank Dietschreit

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