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Kultur: Der Osten, ganz fern

KLASSIK

Und meine Laute soll wie Silber klingen: Ob der Komponist Karsten Gundermann, der bei Udo Zimmermann studiert hat, sich auf Puccini oder Alte Musik im modernen Peking beruft – herausgekommen ist ein sehr seltsames Konglomerat. Es will ein Worldcross-Projekt für Gesang, chinesische Instrumente und Barockorchester sein und wird im Kammermusiksaal entsprechend gefeiert. Kaum überraschend, dass in den Dialog der Kulturen, zu dem Gundermann sich in China anregen ließ, auch noch der alte Goethe eingebunden wird. Denn der schrieb „Chinesisch-deutsche Jahres- und Tageszeiten“. Die gleichnamige Chinoiserie Gundermanns ist eine Vertonung dieses Zyklus, der die Ehre widerfährt, von dem virtuosen RIAS-Kammerchor , Concerto Köln unter David Stern, einem Silk & Bamboo -Ensemble Peking sowie den Sängern Sunhae Im und Raimund Nolte uraufgeführt zu werden.

„Fröhlich trinken, geistig schreiben“ die Mandarine im Frühling, während ein Mix aus traditioneller Musik Chinas und abendländischer Tonmalerei erklingt, die ihren Ort im Nirgendwo zwischen Barock und Romantik hat. Beziehungen, die in beiden Kulturen gelten – die Traversflöte steht für Natur und Herden –, sind geschickt eingebracht. Triller und Glissandi antworten fernöstlich auf die Koloratur einer Königin der Nacht. Bei dem schönsten Gedicht „Dämmrung senkte sich von oben“ ist die dauernde Wiederholung zerstückelten Textes – „schleicht die Kühle, schleicht die Kühle“ – tödlich. Naiv illustrierend blöken Schafe, schreien Pfauen. Wie der Komposition, nach Mahler, nach Lehár, fehlt Eigenes auch dem Goethe-Verständnis. „Dort ewig bleibt mein Osten“: Das wäre zu interpretieren.

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