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Kultur: Der Quergucker

KLAUS MÖLLER Am Filmgeschmack lässt sich gut die eigene Entwicklung ablesen. Früher habe ich immer Edgar-Wallace-Filme gesehen.

KLAUS MÖLLER

Am Filmgeschmack lässt sich gut die eigene Entwicklung ablesen. Früher habe ich immer Edgar-Wallace-Filme gesehen. Heute gucke ich am liebsten japanische Filme und Filme aus Bollywood. Gerade letzte Woche habe ich einen gesehen – über Paare kurz vor dem Aus ihrer Beziehung. Am Ende haben sie sich dann doch füreinander entschieden. Da habe ich geweint. Wann das im realen Leben das letzte Mal passiert ist, weiß ich gar nicht. Das Kino ist für mich der Ort, an dem ich mir Tränen am ehesten leisten kann.

Ich habe einen sehr speziellen Filmgeschmack, deshalb gehe ich oft allein ins Kino. Das ist auch okay, aber manchmal verlasse ich das Kino, und der Film läuft weiter in meinem Kopf und schreit förmlich danach, dass man über ihn redet. Das ist das Schöne an der Leserjury: Ich habe acht Menschen, mit denen ich mich austauschen kann. Auch wenn ich nicht der große Anführer oder Redenschwinger bin – ich glaube, ich werde die Gruppe trotzdem aufmischen. Einfach weil ich ein Querdenker und -gucker bin.

Wenn Berlinale ist, ruht mein normales Leben. Wenn mich in dieser Zeit jemand treffen will, kann er das nur im Kino tun. Ich komme während dieser zehn Tage ja kaum dazu, mal aufzuräumen oder Wäsche zu waschen.

Ich nehme mir nun schon im vierten Jahr frei zur Berlinale. Viele meiner Kollegen können das nicht verstehen, aber für mich ist die Berlinale eine Welt für sich, ein bisschen wie eine fünfte Jahreszeit.

Aufgezeichnet von Verena F. Hasel

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