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Kultur: Der Rausch des Geldes

Bernhard Schulz über Aufstieg und Fall der Getty-Stiftung

Nun ist er doch zurückgetreten, Barry Munitz, der persönlich so gewinnende Präsident des Getty Trust, der Dachorganisation des weit verzweigten Getty-Imperiums bei Los Angeles. Hausintern schwelende Konflikte hatten sich zu einem Flächenbrand ausgebreitet, seit das Haus wegen systematischen Ankaufs von aus Raubgrabungen stammenden Antiken ins Visier der italienischen Justiz geriet. Eilige Demutsgesten konnten das Feuer nicht mehr löschen, und zudem wurden nun all jene Vorwürfe öffentlich, die den Präsidenten seit längerem verfolgten, vom Führungsstil bis zum Spesenkonto. An Amerikas Ostküste registriert man den enormen Imageschaden, den die neureichen Vettern erleiden, mit einer gewissen Genugtuung, indes auch mit Sorge, die ganze Museumsbranche werde in Mitleidenschaft gezogen. Zu Recht. Denn die Praktiken des Getty, das unter Munitz’ Vorgängern jenes sagenhafte Vermögen anhäufte, das der Stiftung Jahresausgaben von 250 Millionen Dollar gestattet, spiegeln die Entstehungsgeschichte der etablierten Ostküstenmuseen: mit dem Vermögen schwerreicher Magnaten ungeheure Kunstschätze aufzukaufen. Dass sich der Spätkommer Getty dabei illegaler Quellen bediente, um endlich eine respektable Antikensammlung zu erlangen, ist der Hybris geschuldet, mit Geld ließe sich alles regeln. Aber es ist zugleich die Hybris, die der unvergleichlichen Kultur-Akropolis entspringt, die sich, eine Milliarde Dollar teuer, seit 1997 hoch über den Gestaden des Pazifiks erhebt. Mit seinen ausufernden Programmen in den Bereichen Museen, Restaurierung und Forschung schuf das Getty nicht nur dankbare Empfänger, sondern auch manche Abhängigkeiten. Künftig wird man sich in Los Angeles stärker in die Museumsgemeinschaft einreihen müssen, statt mit dem Scheckbuch dem Traum von der Nummer eins zu frönen.

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