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Kultur: Der Schöngeist

Zum 70. des Berliner Malers Klaus Fußmann

Hella hat schöne große Augen. Und sie hält ein Tuch. Die bunten Tupfen auf dem Stoff deuten auf einen großen Mallappen hin. Doch ebenso gut könnte dies eine bequeme Wolljacke sein. Schlüpf doch hinein, sagt Hellas Blick. Schlüpf in das Bild. Wie diese Gouache von 1976 sind Klaus Fußmanns Gemälde, Aquarelle und Grafiken Einladungen. Die Bilder verschließen sich nie. Von den Expressionisten der „Brücke“ inspiriert, ist Fußmann doch im Großen und Ganzen Realist geblieben.

Heute wird der renommierte Berliner Künstler 70 Jahre alt. In der Düsseldorfer Galerie Ludorff wird schon gefeiert. Dort sind noch bis Ende Mai Hella-K.-Porträts aus Fußmanns Atelier in der Hardenbergstraße zu sehen, oder die dramatisch gespachtelten Landschaften von der Ostsee, wohin sich der Maler regelmäßig zurückzieht. Breiter angelegt ist die Fußmann-Retrospektive im Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Schloss Gottorf. Das Ehepaar Großhaus präsentiert dort vom 27. April bis 10. August seine private Fußmann-Sammlung – sie gilt als die umfassendste überhaupt.

Fußmann wird 1938 im rheinischen Velbert geboren. Sein Vater fällt im Krieg. Die Mutter reagiert ablehnend, als der Sohn 1957 an der Folkwangschule mit dem Studium der Malerei beginnt. Der Wechsel an die Berliner Hochschule der Künste macht die Anfangsjahre nicht leichter. Der Zweimetermann tapeziert, jobbt auf Messen, verdingt sich als Restaurator im Charlottenburger Schloss. 1974 wird er HdK-Professor und braucht sich fortan über Ausstellungen, Großaufträge und Geld keine Sorgen mehr zu machen. In den vergangenen Jahren ist ein Deckengemälde im Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe entstanden, hat Fußmann zwei Wandgemälde für die Ullstein-Halle des neuen Axel-Springer-Verlagshauses geschaffen. „Bild“ verriet, dass George W. Bush zwei „Fußmanns“ besitzt.

Manch schweres Wortgeschütz hat Fußmann in Zeitungsartikeln aufgefahren, die seine zunehmende Skepsis gegenüber zeitgenössischer Kunst dokumentieren. „Unvermögen ist erwünscht“, behauptete Fußmann 1984 in einem Feuilleton-Aufmacher der „FAZ“, „und manches ist dann tatsächlich auch so hässlich, dass man sich fragt, wer es denn – bloß eine Stunde in einem Raum – mit so einem Bilde aushält.“ Sein eigenes Schaffen zelebriert das Schöne und ist nicht immer frei von Butterblumen. Es zeigt sich von der stärksten Seite, wenn Fußmann – wie in den Stillleben – Müll und abgegessenes Backwerk als Elemente schroffer Landschaften betrachtet. Jens Hinrichsen

Jens Hinrichsen

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