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Kultur: "Der Schuh des Manitu": Winnitrash

Neulich bei den Schoschonen. Häuptling "Lustiger Molch", äh, "Lustiger Lurch", äh, nein "Listiger Lurch" ist wütend.

Neulich bei den Schoschonen. Häuptling "Lustiger Molch", äh, "Lustiger Lurch", äh, nein "Listiger Lurch" ist wütend. Erst haben die Bleichgesichter seinen Sohn "Falscher Hase" erschossen, und jetzt liegt auch noch sein Lieblingskaninchen erschlagen vor dem Wigwam. Der Häuptling, im Befehlston: "Grabt das Kriegsbeil aus!" Der Stamm: "Aber wir haben doch keins!" Der Häuptling, nun etwas kleinlaut: "Was könnten wir denn sonst ausgraben?" Der Stamm: "Wir könnten den Klappstuhl ausgraben?!" Häuptling Listiger Lurch resigniert: "Okay, grabt den Klappstuhl aus." Hugh!

Ein Indianer, davon musste fünfhundert Jahre lang ausgegangen werden, kennt keinen Scherz. Den Wilden Westen hatte man sich als humorfreie Zone vorzustellen, in der die Ureinwohner entweder als edle Wilde (James Fenimore Cooper) oder als Monster in Kriegsbemalung (John Ford) figurierten. Für die Rolle des Pausenclowns waren im Western ausschließlich Bleichgesichter vorgesehen, Sam Hawkins zum Beispiel, hihihihi. Höchste Zeit also für einen Film, in dem die Indianer beweisen, dass sie auch anders können. "Der Schuh des Manitu" hält, was sein Titel verspricht: Die Gags sind nicht immer gut, reimen sich aber manchmal. Winnetou heißt hier "Abahachi" und hat einen schwulen Zwillingsbruder namens "Winnetouch", der in der "Puder Rosa" lebt. Es gibt reichlich Nonsens-Dialoge der Marke "Ich möchte dich zu meiner Frau nehmen" - "Was soll ich denn bei deiner Frau", und der "Apachen Pub" ist ein "Stamm-Lokal", weil sich dort immer alle Krieger betrinken. Gedreht wurde im südspanischen Almeria, wo schon Sergio Leone seine Spaghetti-Western fertigte. Entstanden ist dort eine Trash-Pferdeoper, die in den ewigen Jagdgründen des deutschen Humors wildert: bei Karl May, aber mehr noch bei Heinz Erhardt.

Anderthalb Millionen Zuschauer haben den "Schuh des Manitu" innerhalb von zehn Tagen gesehen. Ähnlich gut gestartet ist seit "Werner - Das muss kesseln!" (1996) kein deutscher Film mehr. Regisseur Michael "Bully" Herbig, als Abahachi und Winnetouch zugleich der doppelte Hauptdarsteller, ist im Western gelungen, was Guildo Horn im Schlagerfach glückte: Tradition in Kult zu verwandeln. Beim "Wahren Grand Prix", wo Horn auftrat, bevor er beim anderen, echten Grand Prix sang, hatte einst auch Herbig mitgemacht. Bekannt wurde er mit der "bullyparade", einer Comedy-Show bei Pro Sieben, die mittlerweile in der fünften Staffel ausgestrahlt wird. Der Geist der "bullyparade" geht auch im "Schuh des Manitu" um. Die Sketche sind nur lose miteinander verbunden, man erwartet, dass jeden Moment Didi Hallervorden durch die Pappkulissen stiefelt. Herbig beliefert - ähnlich wie Michael Mittermeier oder Ingo Appelt - jene "Generation Golf" mit nostalgischen Gags, die von ihrer eigenen Kindheit nicht loskommen möchte. "Der Schuh des Manitu" ist zugleich Parodie und Hommage auf die "Winnetou"-Filme, mit denen die heute 20- bis 35-Jährigen vor dem Fernseher aufgewachsen sind. Dass der Film nicht wirklich witzig ist, stört kaum. Hauptsache, er lässt - wie Prousts "Madeleines" - die Erinnerung an eine verlore Zeit aufsteigen. Damals, in den seligen Siebzigern, hatte schon Otto Waalkes die Humorfähigkeit der Rothäute erkannt und gedichtet: "Paulus schrieb an die Apatschen: Ihr sollt nicht nach der Predigt klatschen!" Hihihihi!

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