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Kultur: Der Seitenabsteiger

Zeitunglesen ist eine schöne Sache. Zeitungmachen auch.

Zeitunglesen ist eine schöne Sache. Zeitungmachen auch. Vor allem wenn man als irgendwie lebenslang armes Würstchen plötzlich zum Star-Reporter aufsteigt wie das Pummelchen mit dem komischen Namen Quoyle (Kevin Spacey), und wenn man dann auch noch von der eigenen Tante (Judi Dench) Anerkennung für seine Titelstory kriegt. Naja, Star-Reporter: Der "Gammy Bird" ist nicht gerade die "Washington Post", sondern ein Käse- oder besser Fischeinwickelblättchen vom Ende der Welt namens Neufundland. Und Quoyle ist zuständig für die wenig pulitzerpreisverdächtige tägliche Recherche der Schiffsmeldungen - also genau dem, was man solchen offenbar lebensmatten Seitenabsteigern so eben noch zutraut und was sonst niemand in der verschnarchten Mini-Redaktion mit Hafenblick machen will. Aber was, wenn einer wie Quoyle fast versehentlich auf einmal die örtlichen top news an Land zieht?

Schiffsmeldungen, so heißt der neue, unlängst auf der Berlinale vorgestellte Film von Lasse Hallström, nach "The Shipping News" von E. Annie Proulx. Und darin ist das Leben kein langer, ruhiger Fluss, sondern ein schüchternes, aber zähes Vorankommen, eine anstrengende, ewige Fußreise hin zu so etwas wie Glück. Quoyle, als Kind beim Schwimmenlernen fast ertrunken und seitdem panisch, wenn er mit Wasser zu tun bekommt, kehrt nach katastrophalem Start in eine eigene Existenz und Familie zurück auf die ozeanumtoste Insel seiner fernen Vorfahren, in die Wasserwelt seines jämmerlichen Jobs, in eine Nachbarschaft aus Fischern, die ihm immer wieder den Boden unter den Füßen wegziehen, bis er begreift, dass Leben nichts anderes ist als Balance auf schwankenden Planken, Schwimmen auch zur Not und vor allem: Nichtuntergehen. Und irgendwann, als Quoyle damit nun gar nicht mehr rechnet, kommt mit der nicht mehr ganz jungen Wavey Prouse (Julianne Moore) die Liebe ins Spiel.

"Schiffsmeldungen" ist ein langsamer Film der großen Natur und Seelenpanoramen, ein Film, in dem man sich einrichten kann wie im Winkel eines schlichten Cafés im Spätwinter an der See, für einen Zweistundengrog oder -tee. Nur sein grandioser Anfang ist eilig, mit einer Cate Blanchett als Quoyles erster Frau: Sie blendet einen wie ein Blitz, fast schneller verschwunden, als man sie erkennen kann.

jal

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