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Kultur: Der Stilvolle

Zum Tod des Jazzbassisten Ørsted Pedersen

Von Gregor Dotzauer

Er hatte auf seinem Kontrabass eine Beweglichkeit erreicht, mit der er alle harmonischen Grenzen hätte sprengen können. Aber statt ins Jenseits klar bezifferbarer changes vorzudringen, beschleunigte er seine Soli nur weiter, sang den Standards, über die er improvisierte, zauberische Gegenmelodien vor oder verdoppelte das Tempo seines walking bass zum Sauseschritt. Der Däne Niels-Henning Ørsted Pedersen, am 27. Mai 1946 geboren und unter seinen Initialen NHØP zum Markenzeichen für geschmackvolle Virtuosität geworden, war einer der großen Befreier seines so lange als schwerfällig geltenden Instruments, und er gehört in eine Reihe mit Basspionieren wie Red Mitchell und Scott LaFaro. Zugleich war er aber auch ein großer Konservativer. NHØP funktionierte am besten innerhalb eines gemäßigt modernen Mainstreams – knapp unter dem auf reine Energie zusteuernden Genialitätslevel eines Charles Mingus. Damit wurde er zum idealen Partner von technisch ebenfalls überragenden, künstlerisch aber nicht unbedingt innovativen Pianisten wie Oscar Peterson – und zu einem begehrten Sessionmusiker weltweit.

NHØP hatte zunächst Klavier gelernt, sich dann aber autodidaktisch an den Bass gewagt. Mit 17 war sein Ruf als Wunderkind bis zu Count Basie vorgedrungen, dessen Stellenangebot er aber ausschlug. Er spielte mit Sonny Rollins, Roland Kirk und Bill Evans und lernte in den Sechzigerjahren als Hausbassist des damals legendären Kopenhagener Clubs Montmartre zahllose Jazzgrößen kennen – bis hin zum Free-Jazz-Derwisch Albert Ayler. In seinen eigenen Projekten hatte er ein besonderes Faible für das Intime: Erst jüngst hat die CD „Art of the Duo“ (Enja) wieder von seiner Jahrzehnte alten Freundschaft mit dem belgischen Gitarristen Philip Catherine Zeugnis abgelegt. Jetzt ist Niels-Henning Ørsted Pedersen mit 58 Jahren in Kopenhagen gestorben.

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