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So sehen die Radieschen von unten aus. Der Tod und sein Lieblingsgemüse.

© Promo/Anja Pankotsch

Der Tod im Astra: Kapuzenkalauer

Seit 2011 ist der Comedian Der Tod auf deutschen Bühnen unterwegs. Wer er ist, weiß keiner, aber seine Show "Mein Leben als Tod" läuft wie geschmiert. Am Wochenende gastierte er in Berlin im Astra Kulturhaus.

Dass der Tod Eintritt nimmt, hätte man jetzt auch nicht gedacht. Die Seele, das Leben, klar, aber Euro? Wenigstens berechnet der Schnitter seine Dienste moderat: 24 Euro kostet ein Stelldichein mit dem Sensenmann. Und wie sich im Kulturhaus Astra an den gut gefüllten Stuhlreihen zeigt, kann das Leben so schön nicht sein. Sonst zöge es nicht so viele, vielfach bemerkenswert gut genährte Paare jüngerer und älterer Jahre ohne Not zum Tod.

Dass es den jenseitigen Gevatter regelmäßig in die diesseitige Unterhaltungsbranche treibt, hat Tradition. In Woody Allen- wie in Ingmar Bergman-Filmen war der Kapuzenmann zu sehen. Brad Pitt hat ihn einst im Maßanzug gespielt. Und in Berlin ist er ab dem 16. Oktober wieder allabendlich im Dom im „Jedermann“ gebucht. Mit dem bei letzten Dingen gebotenen Ernst dargeboten von Achim Wolff.

Daran hat es der Comedian Der Tod in den drei Jahren seiner Karriere eher fehlen lassen. Seit wenigen Monaten erst ist sein satirischer Schmöker „Mein Leben als Tod“ erschienen, der sich verkauft wie geschnitten Brot und im Astra stapelweise ausliegt. Sogar zu einem „Spiegel“-Gespräch hat er es gebracht. Mit großem Foto, das den Tod in seiner Berufskleidung schwarze Kutte und Sense zeigt. Ein angenehm zurückhaltender Look, den er nach eigener Aussage im Alltag wie auch auf der nur mit einem Totenschädel-mit-Partyhütchen-Banner verzierten Bühne trägt.

Höheren Konfirmandenhumor fordert die Jesus-Nummer

Das Warm-up überlässt der Tod einer bunt gewandeten Possenreißerfigur namens „Blühendes Leben“. Allerdings nur, um nach dessen dusseligen Gesangseinlagen mit dem Satz „Der Tod kann auch Erlösung sein“ zu übernehmen. Schwupps wird aus dieser Binse ein Gag, kaum, dass sie der Tod im von der Kapuze verdeckten Munde führt. Von diesem zur Kalauerschleuder ausgebauten Verfremdungseffekt leben sämtliche Lacher (leben, haha). Und von der sächselnden Mickey- Mouse-Stimme des Todes, die den bei Darth Vader geklauten Mikrofon-Atem kontrastiert. Höheren Konfirmandenhumor fordert nur die Jesus-Nummer: Der schreibe ihm seit 2000 Jahren jede Woche drei Mails, ob er endlich wiederkommen dürfe, mault der Tod. Obwohl er dessen Auferstehung seinerzeit nur als schlechten Scherz empfinden konnte. „Für mich ist der Typ gestorben“, winkt der Tod genervt ab und setzt nach: „Für euch übrigens auch“.

Und sonst? Ist der Tod ein lieber, nicht sonderlich subversiver oder gar unheimlicher Geselle. Den anonymen Spaßvogel fürchten? Nö. Obwohl: Auf dem Heimweg ertappt man sich dabei, selbst abends brav an roten Ampeln zu stehen. Und das Geschenk, das der Tod dem Publikum ins Astra mitbrachte, ist tags darauf prompt in prominenter Position im Erntedankfestgottesdienst zu sehen. Sonst Gemüsedeko am Altar, jetzt gruseliges Memento mori. Es sind Radieschen – zum Von-unten-Ansehen!

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