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Kultur: Der Tod muss ein Wiener sein

KLASSIK

Im Zeichen der MoMa-Manie sind Amerikaner in Berlin einfach angesagt, und so konnte das American String Quartet im Kammermusiksaal der Philharmonie frenetischen Jubel entgegennehmen. Verdient natürlich, schließlich zählt das Ensemble zu den renommiertesten seiner Zunft. In Schuberts „Der Tod und das Mädchen“ dauerte es allerdings eine Weile, bis sich ein einheitlicher, tragfähiger Klang entwickelte, das Seitenthema einen gewissen rhythmischen Schlendrian ablegte, Ruhe für bedeutsam gesetzte Akzente und leidenschaftliche Steigerungen einkehrte. Überwältigend schön dafür der Variationensatz im Wechsel von sanfter Ergebung und schroffem Aufbegehren – „sei guten Muts, ich bin nicht wild, sollst sanft in meinen Armen schlafen“, heißt es im Gedicht von Matthias Claudius, dessen eigene Vertonung Schubert hier zum Thema nahm. Im fast durchgehenden Verzicht auf romantisches Rubato wirkt die Interpretation eher streng, was dem Scherzo die unerbittliche Wucht, der Tarantella die atemlose Hitze gibt, mit der Freund Hein zum Tanz aufspielt – der Tod, das muss ein Wiener sein.

Robert Schumanns Klavierquintett Es-Dur bildet zu dieser Todessehnsucht den optimistischen Gegenpol: Brillanz und schwärmerische Fantasie steht im Vordergrund, wozu die Pianistin Elena Bashkirova mit verträumten Verzögerungen und forschen Impulsen beiträgt. Zuweilen jedoch geht das Temperament mit ihr durch, gefährdet die Balance, setzt das Stück wie im Dampfkochtopf unter Druck - was den Applaus eher noch anheizt.

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