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Kultur: Der weiße Riese

KABARETT

Von Susanna Nieder

Auf Gerhard Polt ist Verlass. Mit schweren Schritten pflügt er auf die Bühne, im unifarbenen Leinenjanker, dessen Form sich durch langes Tragen der ovalen Körpermitte angepasst hat. Die Haare kaffeehaubenartig über die Ohren gelegt, der Blick missmutig, so tritt er seit fast 30 Jahren vors Publikum, unbeirrbar wie einer, der schon ewig hier steht und so schnell nicht wieder weggehen wird. Polt gehört zu den wenigen Künstlern, die im Grunde immer dasselbe machen und dabei immer gleich gut sind. Seine Geschichten unterscheiden sich nur minimal von dem, was die Leute im wirklichen Leben daherreden. Der Unterschied liegt in der Präzision. Das Material wird ihm nicht ausgehen, so lange die CSU in Bayern regiert, Deutsche ausländerfeindlich sind und Kinder Namen tragen wie Kevin, Jessica und Maurice Eugène, was bei ihm zu Kehfin, Tschehssika und Mohries Euschehn wird. Bei den Wühlmäusen (noch bis 22. 11.) biegt sich das preußische Publikum vor Vergnügen, wenn er Bayern als abendländischen Giganten bezeichnet und sehr anschaulich herleitet, warum aus rein ästhetischen Gründen zum Weißbier, den weißen Wolken und dem Schnee auf den Alpen nun einmal „koa Neger“ passt. Die Heiterkeit steigert sich, wenn er den Sozialschmarotzer mit englischen Sprachbrocken („foagettit!“) gibt oder sich die Haare rauft, weil er einen Gedanken fassen soll, der sich ums Verrecken nicht fassen lassen will. Und schließlich bleibt das Gelächter im Halse stecken bei der Geschichte von den schwarz arbeitenden Ukrainern, die der „Semmelrogge“ ausgeliehen und in so ausgemergeltem Zustand zurückgegeben hat, dass sie ausschauen wie, „wissen `S, de Juden“ und ärgerlicherweise nicht mehr zu gebrauchen sind. Foagettit!

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