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Kultur: Des Malers späte Liebe

Nolde-Stiftung zieht sich aus Berlin zurück.

„Lebhaft und klug, tiefdenkend, kunstliebend“ – so schwärmte Emil Nolde von Jolanthe Erdmann. Er kannte die Tochter seines Freundes, des Komponisten Eduard Erdmann bereits seit ihrer Kindheit. Ein Jahr nach dem Tod seiner Frau Ada traf er die 26jährige Studentin wieder und verliebte sich in sie. Sie heirateten 1948.

Kaum einer kennt den Namen von Noldes zweiter Ehefrau. Bis zu ihrem Tod 2010 mied Jolanthe Nolde die Öffentlichkeit. Jetzt erzählt die Ausstellung der Nolde Stiftung Seebüll die Geschichte dieser Ehe. Es ist die letzte Schau in der Berliner Dependance. Am 30. März 2014 schließt das Haus. Die Stiftung will sich auf ihren Standort in Seebüll konzentrieren. Dort reagiert man gereizt auf Fragen nach Gründen. Offenbar befindet sich das Museum in einer schwierigen Übergangsphase. Erst war Christine Hopfengart zur Direktorin berufen worden, warf aber nach drei Monaten das Handtuch. Nun hat Christian Ring, bis dahin kommissarischer Direktor, die Leitung übernommen. Er veranlasste die Aufgabe der Berliner Ausstellugsräume in der Jägerstraße. So bilden die eindrucksvollen Porträts, die Nolde von seiner jungen Frau fertigte, den Abschluss dieses Gastspiels.

Die dunklen Augenbrauen, das volle Haar, der willensstarke Mund – die schwarzen Konturen bauen eine massive Barriere für die fließenden Aquarellfarben. Kapriziöses Gelb, lebenslustiges Rot und frisches Blau unterstreichen den Eindruck von einem jugendlich ungestümen Temperament. Beide hegten höchste Erwartungen an ihre Liebe. Doch schon bei der Hochzeitsreise in die Schweiz trat Ernüchterung ein. Seine Frau sei sehr sprunghaft, klagte Nolde. Jolanthe dagegen bemerkte, wie verschlossen ihr Mann war. Die Ehe hielt acht Jahre. Noch zu Lebzeiten setzte Nolde seine Frau ins Kuratorium der Stiftung ein und vermachte ihr zwanzig Gemälde, zwanzig Aquarelle und zwanzig Graphiken.

Nach Noldes Tod 1956 zieht Jolanthe nach Heidelberg, nimmt ihr Medizinstudium wieder auf, schafft den Abschluss nicht. Probiert die Fotografie, hält die Ausbildung nicht durch. Sie heiratet kein zweites Mal. Trotz anfänglicher Differenzen mit der Nolde Stiftung Seebüll bleibt die Arbeit für das Werk die Konstante in ihrem Leben. Sie stirbt mit 88 Jahren. Vielleicht liegt es an den vielen Anfängen in der Biografie – am Ende tritt Noldes späte Liebe nicht aus dem Schatten ihres Mannes. Simone Reber

„Emil Noldes späte Liebe“. Nolde Museum Berlin, Jägerstraße 55. Bis 30.3.2014 tgl. 10 -19 Uhr, Katalog 29,95 €

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