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Kultur: Deutsche Oper: Kleine Torte statt vieler Worte

Niemand spuckt guten alten Bekannten gerne auf die Geburtstagstorte - doch die so genannte "Gala-Vorstellung anlässlich des 40. Jahrestages der Eröffnung der Deutschen Oper Berlin" machte es selbst dem wohlwollendsten Kritiker schwer, in den Jubiläumsjubel einzustimmen.

Niemand spuckt guten alten Bekannten gerne auf die Geburtstagstorte - doch die so genannte "Gala-Vorstellung anlässlich des 40. Jahrestages der Eröffnung der Deutschen Oper Berlin" machte es selbst dem wohlwollendsten Kritiker schwer, in den Jubiläumsjubel einzustimmen. Damals, bei der Weihe des neu erbauten Charlottenburger Hauses - sechs Wochen nach dem Bau der Mauer! - wurde in Anwesenheit von Bundespräsident Lübke und dem Regierenden Bürgermeister Willy Brandt Repräsentatives, Klassisches geboten: Mozarts "Don Giovanni". Tags darauf folgte mit Giselher Klebes "Alkmene" die Moderne, die dritte Premiere der Eröffnungswoche brachte "Aida" in der Sicht des Regie-Avantgardisten Wieland Wagner. Auch wenn in diesem September nach 20 Jahren Götz-Friedrich-Absolutismus mit Udo Zimmermann und Christian Thielemann ebenfalls eine neue Ära beginnt - drei Neuproduktionen sind unter heutigen finanziellen und gewerkschaftlichen Arbeitsbedingungen Illusion.

Udo Zimmermann war es wichtig, die Saison symbolisch mit einem Werk der Nachkriegszeit zu eröffnen, mit Nonos "Intolleranza" in der Sicht des gefeierten Opernanalytikers Peter Konwitschny. Ein großer Erfolg, der jedoch auch klar macht, dass Dramaturgie und Szene an der Bismarckstraße weiterhin dominiert werden. Der Festakt neun Tage nach dem Spielzeitstart wäre also der Ort gewesen, um die immer etwas stiefmütterlich behandelte dritte Säule des Hauses, die Musik, in den Vordergrund zu rücken. "Don Giovanni" zu spielen, wie weiland 1961, machte sich jedoch nur auf dem Papier gut. Denn die vorhandene Produktion des Mozart-Meisterwerks ist die älteste im Fundus der Deutschen Oper, im Herbst 1973 von Rudolf Noelte besorgt, vom verdienstvollen langjährigen Abendspielleiter Knut Sommer nach Kräften gepflegt.

Die 182. Vorstellung dieser optischen Altlast einem Dirigenten anzuvertrauen, der weder Haus noch Orchester, geschweige denn die Inszenierung selber kennt, ist wohl tollkühn zu nennen. Ivor Bolton ist zweifellos ein hochprofessioneller Künstler, zum Leuchten aber brachte er die Partitur am Montag nicht. Dass auch vier der Protagonisten lediglich für die eine, von der Presse beachtete Vorstellung eingeflogen wurden (Bo Skovhus und Roberto Saccà waren ihr Geld wert), machte die Gala zu einem Abend von internationalem Zuschnitt: Provisorisch eingewiesene Stars, die ihre private Masche in verstaubten, sinnfreien Produktionen abziehen, dazu abgenutzte Bühnenbilder, die gnädig im Halbdunkel versteckt werden - solche Abende kann man auch in New York oder Wien erleben - als Horrorbeispiele überkommenen Repertoiretheaters.

Mit dem, was Götz Friedrich unter zeitgemäßem Musiktheater verstand, hatte diese glanzlose, sehr höflich beklatschte Feierstunde ebensowenig zu tun wie mit dem, was sein Nachfolger für die Zukunft verspricht. Gerade ein solches Ereignis, das sich keineswegs überraschend ankündigt, hätte eine sorgfältigere Planung verdient gehabt - und natürlich den Chefdirigenten am Pult. Christian Thielemanns erster Auftritt als Operndirigent findet aber in dieser Saison erst am Sonntag statt, wenn "Tristan" auf dem Programm steht - eine Produktion aus dem Jahr 1980.

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