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Dirigent Werner Ehrhardt

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Deutsches Kammerorchester: Eine Zeitreise, die ist lustig

Wer kennt Ernst Eichner? Das Deutsches Kammerorchester macht nachvollziehbar, warum sich Mozart und Beethoven von ihm haben inspirieren lassen.

„Sturm und Drang“ ist ein beliebter Titel für Programme mit Musik des 18. Jahrhunderts, verspricht er doch eine schroffe Alternative zum glatten Image, das den Klassikern dieser Zeit anhaftet. Im Fall des Deutschen Kammerorchesters und seines Gastdirigenten Werner Ehrhardt handelt es sich jedoch um einen – wenn auch ehrenwert gemeinten – Etikettenschwindel. Denn im Zentrum des Konzerts im Kammermusiksaal steht ein Komponist, der dem musikalischen Sturm und Drang nur sehr bedingt zuzurechnen ist. Sein bloßer Name würde niemanden hinter dem Ofen hervorlocken: Ernst Eichner.

Dabei gibt es gerade in Berlin viele Gründe, den schon 1777 mit 37 Jahren verstorbenen Komponisten kennenzulernen. Zum einen war er als zeitweises Mitglied der preußischen Hofkapelle auch Berlin und Potsdam verbunden. Und zum anderen haben auch Mozart und Beethoven seine Sinfonien rezipiert. Dank Ehrhardts historisch inspirierter und sorgfältig vorbereiteter Interpretation lässt sich nachvollziehen, dass die beiden Großmeister ihr Interesse nicht an einen unwürdigen Gegenstand verschwendeten: Stilistisch am ehesten an Haydn erinnernd, aber weniger stringent in der Formgebung hält Eichner die Aufmerksamkeit mit einer Fülle von Einfällen wach, die von galanten Floskeln bis zu den damals neuen „Mannheimer" Crescendi reichen, die Ehrhardt tatsächlich so inszeniert, dass sie wie eine Neuigkeit wirken.

Hübsch setzt der Dirigent auch die vielen unterschiedlichen Seufzerfiguren um, die das Zeitalter prägten und die vom kleinen Schluchzer zu größeren innerlich bewegten Atemzügen reichen. Näher an der Idee des Sturm und Drang mit seinen dramatischen Brüchen und düster-archaischen Rückbezügen mögen die zwei Sinfonien der Bach-Söhne Wilhelm Friedemann und Carl Philipp Emanuel sein, mit denen Ehrhardt Eichners Werke kontrastiert. Doch anders als viele Kollegen versucht er nicht, die Stücke künstlich aufzurauen. Stattdessen betont er das Sanfte im Spiel der Flötenpartien von Wilhelm Friedemanns d-Moll-Sinfonie und bewahrt in der spleenig-zerklüfteten h-Moll-Sinfonie des Bruders einen tänzerischen Grundduktus. Gut und intelligent unterhalten verlässt man den Kammermusiksaal und stemmt sich dem realen Sturm entgegen, der das Haus umtost.

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