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DIE ARCHITEKTEN HANS UND WASSILI LUCKHARDT IN DER GALERIE ULRICH FIEDLER: Geschenke für den eleganten Menschen Auf schrägen Bahnen

Mit einer neuen experimentellen Messe im Herbst verändert sich Berlins Kunstszene

Die Berliner Architekten Hans und Wassili Luckhardt waren Großstadtmenschen – auch als Designer. Es ist ein Bekenntnis zur Ästhetik weltstädtischer Moderne am Ende der Weimarer Republik, wenn ihnen Katharina Evers und Ulrich Fiedler nun ihre erste Ausstellung in Berlin widmen. Ihr Showroom gleicht einem asketisch-mondänen Salon, wie ihn die Architekten auf der Deutschen Bauausstellung 1931 eingerichtet hatten. Ein Vintageprint von Emil Leitner zeigt die lässige Eleganz dieser Installation (3000 Euro). Schwarzer Lack, Chrom, schwingende Linien, wohin man schaut. Blickfang sind vier Freischwinger, Modell ST 14, hergestellt 1931/32 von der Berliner Firma Desta. Einst standen die elegant ihren Raum behauptenden Stühle im Theater- und Ballsaal des von Eckart Muthesius umgebauten Maharadscha-Palastes von Indore. Die exklusive Provenienz erklärt auch ihren Preis von 48 000 Euro pro Stück.

Der passende runde Tisch von 1929 besitzt eine Platte, deren Oberfläche mit schwarz glänzendem Galalith belegt ist: ein Kunststoff, der sonst nur bei zeitgenössischem Modeschmuck zum Einsatz kam.

Als Innovatoren im Möbelbau haben sich die Luckhardts ab Mitte der dreißiger Jahre hauptsächlich mit Flugzeugsesseln beschäftigt. Aber das wäre eine eigene Ausstellung. zaj

Galerie Ulrich Fiedler, Charlottenstr. 68-71; bis 14. Juni, Di. bis Sa. von 14-18 Uhr.

Anfangs sah es aus wie ein Spiel: Der eine wirft seine Murmeln durch den Raum.Und die anderen schauen zu, wieviel Durcheinander dieser Wurf in die bisherige Konstellation der Kugeln bringt.

Berlins Werfer heißt Michael Neff. Mit seiner Ankündigung, Anfang September noch vor dem Art Forum eine Art Leistungsschau namens „abc...“ für 50 hiesige Galerien zu organisieren, sorgt er nicht nur für Unruhe. Viele sehen darin einen Gegenentwurf zum Art Forum, das sich in den vergangenen Jahren als eine der wichtigsten Kunstmessen in Deutschland etabliert hat. Ist sie deshalb reif für feindliche Übernahmen? Für einen Coup, der als parallele Ausstellung beginnt und am Ende die Messe schluckt?

Aber nicht doch, meint Neff. Seine Schau wolle den Standort Berlin mit einer „Veranstaltung der besonderen Art“ stärken. Im alten Postbahnhof am Gleisdreieck, spektakulär kuratiert und deshalb vielleicht so doch etwas wie die „Zukunftsform einer Kunstmesse“. Dass das Art Forum unlängst verschoben wurde und nun einen Monat nach der neuen „abc...“ auf den Kalender trudelt, sei eben Pech. Und während Neff schon mal die Rückmeldungen der geladenen Gäste für das „Gallery Weekend“ und sein Dinner am kommenden Wochenende sortiert und vorsorglich Probe isst, hört man von der Messe Berlin – nichts.

Dabei wäre jetzt ein Statement vonnöten. Ein Bekenntnis zu Sabrina van der Ley und ihrem Team, die das Art Forum seit über einem Jahrzehnt leitet und zu dem gemacht hat, was es ist. Stattdessen lässt einen die aktuelle Pressemitteilung nur wissen, die Kunstmesse werde schon im nächsten Jahr wieder auf dem alten Termin liegen. Beschädigt und geschwächt hat man Berlin als Messeplatz für Kunst dennoch.

Ein Rundbrief mit mehr inhaltlichem Gewicht könnte auch ein Gerücht zerstreuen, dass sich seit Wochen hält. Man wolle Eva-Maria Häusler als neue Leiterin des Art Forums etablieren, ist überall zu hören. Häusler, ehemals für die Art Basel tätig, war zuletzt als Chefin der Art Cologne im Gespräch und hat dort abgesagt. Ihre Aufgabe in Basel konzentrierte sich allerdings auf das Kunstmanagement und nicht auf die künstlerische Leitung der Messe, wie sie Sabrina van der Ley obliegt.

Etwas Licht in die aktuellen Wirren mag ein Blick auf die Organisatoren des „Gallery Weekend“ bringen, in deren Dienst Michael Neff steht und für die er im Herbst auch „abc...“ realisiert. Ein Teil dieser Galeristen aus Berlin war in den Anfängen sehr wohl auf dem Art Forum vertreten. Später verabschiedete man sich wegen Unzufriedenheit von der Messe und wich auf kulturelle Umschlagplätze wie die Frieze in London oder die Art Basel Miami Beach aus.

Mit dem „Gallery Weekend“ wurde vor vier Jahren ein eigener Pflock in die Berliner Kunstszene geschlagen: 34 teils gewichtige Galerien stellen im Frühjahr Künstler wie Olafur Eliasson (Neugerriemschneider), Carsten Nicolai (Eigen + Art) oder Nobuyoshi Araki (Jablonka) aus. Eine „Einladung an Kuratoren, Sammler und Kunstinteressierte“, von denen viele im Herbst gern noch einmal anreisen. Ob man sich wenige Wochen nach der „abc...“ für das Art Forum erneut nach Berlin begibt, bleibt fraglich. So wird die Kunstmesse ein weiteres Mal geschwächt. Zumal die Werke auf der „abc...“ keine Preisschilder tragen werden, sich die Schau aber ebenfalls als Verkaufsmesse gedacht ist.

Es mag sein, dass die „abc...“ anfangs als Experiment gedacht war, durch das Berlin als Herbsthandelsplatz für die Kunst noch attraktiver wird. Eher noch ist sie als Versuch anzusehen, von außen auf das Art Forum einzuwirken und eigene Wünsche durchzusetzen. In jedem Fall ist aus dem parallelen Treiben eine vertitable Krise geworden, die Berlin ähnlich zerstritten aussehen lässt wie Köln wenige Wochen zuvor: Dort wurde lange dementiert, dass Messechef Gérard Goodrow geht. Bis er dann doch die Meldung kam. Als Managerin würde Eva-Maria Häusler das Vakuum der künstlerischen Leitung nach Sabrina van der Ley zwar nicht füllen. Aber da wartet ja noch Michael Neff – obwohl dessen Messe in Frankfurt 2007 furios gescheitert ist. Aus Spiel ist bitterer Ernst geworden.

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