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Kultur: "Die Basken": Autonomie um jeden Preis - Warum der blutige Terror der Eta das Bild dieses Volkes bestimmt

Die Geschichte des Baskenlandes ist voller Rätsel. Ein einzigartiges Volk mitten in Europa, dessen Bekanntheitsgrad allerdings immer noch von der Aktivität des Eta-Terrors bestimmt wird.

Die Geschichte des Baskenlandes ist voller Rätsel. Ein einzigartiges Volk mitten in Europa, dessen Bekanntheitsgrad allerdings immer noch von der Aktivität des Eta-Terrors bestimmt wird. Die "kleine Weltgeschichte der Basken", die der amerikanische Journalist Mark Kurlansky vorgelegt hat, ist eine unterhaltsame und engagierte Einführung in das Thema. Sie verzichtet dabei auf alle wissenschaftlichen Schnörkel, ohne oberflächlich oder banal zu werden. Sein Buch ist eine spannende Entdeckungsfahrt in eine ungewöhnliche und zugleich raue Region, die über viele Jahrhunderte ihre Autonomie und Sonderrechte zäh gegen Ansprüche von außen verteidigen musste und bis heute auf ihre Eigenständigkeit pocht.

Das Baskenland stand wirtschaftlich auf der Sonnenseite des agrarisch geprägten Spanien. Die Industrialisierung setzte hier früher ein als in den anderen Regionen Spaniens, schon zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Die Hochöfen und Werften in San Sebastian und Bilbao sorgten aber nicht nur für eine außerordentliche industrielle Blüte, sondern führten zugleich zu einer grundlegenden Veränderung der dörflichen und bäuerlichen Gemeinschaften des baskischen Hinterlandes, das zunehmend in die Krise geriet. Der neu entstehende baskische Nationalismus besaß in diesen stark katholisch geprägten, besonders von der Zuwanderung betroffenen Gemeinden seinen größten Rückhalt. Noch bis heute kann die Terrorgruppe Eta aus diesen Gegenden einen Großteil ihres zumeist recht jungen Kämpfer-Nachwuchses rekrutieren.

Für ihre Unterstützung der Republik mussten die Basken im spanischen Bürgerkrieg einen besonders hohen Blutzoll entrichten. Nach dem Sieg Francos wurden die Autonomierechte aufgehoben und die baskische Sprache und Kultur brutal unterdrückt. In den 50er und 60er Jahren formierte sich wachsender Widerstand gegen das repressive Franco-Regime.

In diesem Fahrwasser und mit der zeitgleichen Wiederbelebung des baskischen Nationalismus entstand die Eta zunächst als Abspaltung der ebenfalls nationalistischen Partei PNV. Ihre stark an die lateinamerikanischen Befreiungsbewegungen angelehnte sozialrevolutionäre Ideologie bedeutete allerdings einen Bruch mit den ursprünglich konservativen, nicht selten rassistisch gefärbten Traditionen des baskischen Nationalismus der Jahrhundertwende.

Die Eta formierte sich in wenigen Jahren als militante Speerspitze des Widerstandes gegen das autoritäre Franco-Regime und konnte für ihre gewalttätigen Aktionen vor allem die radikale, akademisch gebildete Jugend gewinnen.

Kurlansky lässt bei seiner Darstellung keinen Zweifel, für wen sein Herz schlägt. Auf Grund der Sympathie für seinen Gegenstand fehlt es ihm manchmal an der notwendigen Distanz, die vor groben Missgriffen bewahrt. Zwar verharmlost er die Attentate der Eta nicht, doch scheinen sie in seiner Darstellung als beinahe legitim Akt des Widerstandes gegen die junge spanische Demokratie. Seine vielfach zutreffende Analyse der spanischen Anti-Terrorpolitik fällt ebenso scharf wie polemisch aus. Doch schießt er weit über das Ziel hinaus, wenn er den Sozialisten und ehemaligen Ministerpräsidenten Felipe González in eine Reihe mit den Schergen Francos stellt. Der sonst so kluge und hintergründige Kurlansky folgt hier der falschen Fährte der baskisch-nationalistischen Propaganda.

Dietmar Süss

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