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Kultur: Die befreite Kamera

Zum Tod des französischen Dokumentaristen Jean Rouch

Er gilt ebenso als Erneuerer der Ethnografie wie als Pionier des dokumentarischen Cinéma-Verité. Mit dem Einsatz der handlichen 16-mm-Kamera wurde Jean Rouch auch ein Vorläufer des „camera-stylo“ der Nouvelle Vague – der Kunst der flexiblen, spontanen Kameraführung. Der 1917 in Paris geborene Rouch begann nach einem Afrika-Aufenthalt 1945 ein Ethnologiestudium an der Sorbonne. Bald danach entstanden, wieder in Afrika, erste Filme als Auftragsarbeiten des Pariser Musée de l’Homme. Über hundert weitere sollten folgen, zu den bekanntesten zählen „Les Maîtres fous“ (1955) und „Moi, un noir“ (1958).

Nach und nach erweiterte Rouch die Formen dokumentarischen Ausdrucks um fiktionale Ansätze und entwickelte Methoden und Momente, mit denen er die Beziehung zwischen Objekt und Filmemacher in den Filmprozess einbeziehen konnte. Dabei galt ihm auch die eigene Kultur als Stoff des Ethnografischen, wie in „La Pyramide humaine“ und „Chronique d’un été“, die er 1961/62 mit dem Soziologen Edgar Morin realisierte. Dennoch hielt der bis ins Alter produktive Regisseur Afrika die Treue, zum Beispiel mit der nigerischen Aischylos-Adaption „Le rêve plus fort que la mort“, mit der er vor zwei Jahren auf dem Forum der Berlinale zu Gast war. Nun ist Jean Rouch im Alter von 86 Jahren bei einem Autounfall im Niger tödlich verunglückt.

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