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Kultur: Die Briten kommen!

Dass eine Britin mit einem sehr britischen Film bei den Oscars triumphiert, stört heute niemanden mehr in Hollywood. Nach dem Zweiten Weltkrieg aber waren Ressentiments zu spüren, als britische Filme wie „Große Erwartungen“ und „Hamlet“ die heimische Konkurrenz ausstachen.

Dass eine Britin mit einem sehr britischen Film bei den Oscars triumphiert, stört heute niemanden mehr in Hollywood. Nach dem Zweiten Weltkrieg aber waren Ressentiments zu spüren, als britische Filme wie „Große Erwartungen“ und „Hamlet“ die heimische Konkurrenz ausstachen. The British Are Coming! Die Angst wich bald der Geringschätzung, und es galt als Zeichen eines Karrieretiefs, wenn Hollywoodstars in England filmten. Britische Künstler galten immerhin als okay, britische Filme dagegen fanden viel schwerer Anerkennung.

Das frühe britische Kino ist viel besser als sein transatlantischer Ruf. Dies zu beweisen ist das Anliegen der Reihe „The Open Road – Schätze aus dem British Film Archive“. Sie beginnt morgen im Arsenal mit Electric Edwardia ns , einem Programm aus 30 Kurzfilmen. David Leans Oliver Twist (1948) wird ebenfalls morgen mit einer Einführung des Kurators Nigel Algar gezeigt. Das Unheimliche an der vorgestellten restaurierten Fassung ist, dass es sich bei den wiederhergestellten Filmmetern um antisemitische Passagen handelt. Jüdische Gemeinden hatten einst gegen jene Aufnahmen protestiert, die den Hehler Fagin (Alec Guinness) beim Durchwühlen seiner Schatztruhe zeigen – und auch gegen die Nahaufnahmen, die seine monströse Hakennase betonen. Lean war entsetzt über die Vorwürfe und beteuerte, er habe nur werktreu sein wollen. In der Gestaltung hielt er sich an die Kupferstiche von George Cruikshank, die die Originalausgabe des Romans illustriert hatten. Dass sein Film in einem anderen historischen Kontext entstanden ist als Dickens’ Buch, war dem Regisseur wohl nicht aufgefallen.

Von Alfred Hitchcock ist bekannt, dass er neben seinen Thrillern auch ein paar Komödien inszeniert hat. Aber einen Boxerfilm? Passt gar nicht zu diesem hoffnungslos unsportlichen Mann. The Ring (1927) ist mehr als nur ein Kuriosum in seinem Werk, es ist der zweite Film nach „The Lodger“, auf den er stolz war (Sonntag). Noch heute beeindrucken die filmischen Tricks, mit denen er das Publikum am Kampf teilhaben lässt. – Bemerkenswert auch die Filme aus dem Zweiten Weltkrieg, die in den kommenden Wochen laufen: Es sind keine Propagandafilme. Bei den Briten war die Figurenzeichnung immer subtiler und sachlicher als etwa bei den Nazideutschen, wo die Schurken gewissermaßen immer ein Schild mit der Aufschrift „Schurke“ um den Hals trugen.

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