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Kultur: Die Chance liegt in der Nische

Junggalerist Jan Philipp Frühsorge über Strategien und Startkapital

Laut Angaben des Landesverbands Berliner Galerien arbeiten fast 300 professionelle Galerien in der Stadt. Was hat Sie ermutigt, dieses Spektrum zu erweitern?

Meine Begeisterung für Zeichnungen! Aber es ist nicht nur der pure Idealismus. Während des KunstgeschichtsStudiums konnte ich als Mitarbeiter der Galerie Refugium Einblicke in den Kunstmarkt gewinnen. Ich hätte jetzt nicht eine weitere Galerie mit irgendeiner zeitgenössischen Kunst eröffnet.

Der Fülle an Galerien steht ein Mangel an Sammlern gegenüber. Wie schätzen Sie diese Entwicklung ein?

Allmählich zeichnet sich eine Flurbereinigung ab. Da muss man vor allem ein klares Profil schaffen. Zeichnungen werden oft nur als künstlerisches Nebenprodukt präsentiert. In der Konzentration sehe ich aber eine Chance. Und die Resonanz übertrifft meine Erwartungen bei weitem.

Trotzdem beträgt der Jahresumsatz einer Galerie in Berlin statistisch mit 330 000 Euro nur die Hälfte des Bundesdurchschnitts, und nur ein Drittel der Käufer sind Einheimische.

Die meisten Arbeiten habe ich bislang an Berliner verkauft. Ich kann also über das hiesige Publikum nicht klagen. Allerdings sind Arbeiten auf Papier auch eher erschwinglich, und die Galerie befindet sich noch im Aufbau. Daher agiere ich in anderen Dimensionen. Jedoch arbeite ich daran, das auszubauen.

Welche Strategien verfolgen Sie dabei?

Primär geht es zunächst darum, Kontakte zu knüpfen. Das heißt für mein Metier an Institutionen wie das Berliner Kupferstichkabinett oder das Drawing Center in New York heranzutreten. Ebenso setze ich auf kollegiale Unterstützung innerhalb der Stadt und internationale Kooperationen. Berlin hat den Vorteil, dass ausländische Kollegen sehr daran interessiert sind, ihre Künstler hier zu positionieren.

Jährlich erreichen die privaten Galerien in Berlin eine Million Besucher und bewegen ein Volumen von 27 Millionen Euro. Sehen Sie diesen Wirtschaftsfaktor in der Öffentlichkeit widergespiegelt?

Die wirtschaftliche Relevanz ist völlig unterbewertet. Das zeigt sich schon daran, dass Galeristen nicht als kreditwürdig erachtet werden. Den Antrag auf ein Darlehen für Existenzgründungen hat meine Hausbank gar nicht erst an die zuständigen Stellen weitergeleitet. Also muss ich die Ausgaben gering halten und aus jeder Ausstellung verkaufen. Rücklagen für verkaufsfreie Runden oder Messen bleiben da bisher nicht.

Eine der Forderungen des Landesverbands ist die Subventionierung auswärtiger Messeteilnahmen durch den Senat, nicht zuletzt weil die Galerien als „Botschafter“ fungieren.

Messeteilnahmen sind von zentraler Bedeutung. Gerade junge Galeristen gehen damit hohe Risiken ein, da wäre eine partielle Förderung ...

... wie in Nordrhein-Westfalen, wo in den vergangenen Jahren eine Millionen Euro geflossen ist ...

... wichtig, ebenso wie ein substanzielles Startkapital. Hier schmückt man sich gerne mit der vitalen Künstlerszene. Es gilt aber auch Strukturen ausbauen, die deren Erhalt langfristig sichern. Galerien sind da eine elementare Zwischeninstanz.

Das Gespräch führte Michaela Nolte.

Die Galerie fruehsorge zeigt ab 12. Februar Werke von Carola Bark (Gartenstraße 1, Dienstag bis Sonnabend, 12–19 Uhr).

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