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Kultur: Die Deutsche Oper zeigt den von Torsten Wille vertonten Kinderbuchklassiker Astrid Lindgrens

Wie kriegt man das hin, den Schritt an den Orchestergraben, und plötzlich herrscht erwartungsvolle Stille? Die temperamentvolle Verfolgungsjagd, und trotzdem kommen die Töne noch richtig?

Wie kriegt man das hin, den Schritt an den Orchestergraben, und plötzlich herrscht erwartungsvolle Stille? Die temperamentvolle Verfolgungsjagd, und trotzdem kommen die Töne noch richtig? Das innige Duett, und keiner schreit dazwischen "Pause"? Um künftigen Opernstars zur richtigen Wirkung auf der Bühne zu verhelfen, haben die Schwestern Esther und Inga Hilsberg vor drei Jahren die "Junge Kammeroper Köln" gegründet: Ein Tourneetheater, das Studenten und Absolventen von Musikhochschulen mehr Praxis verschaffen soll. Und sie dazu gleich mit ihrem schwierigsten Publikum konfrontiert - die Kammeroper ist spezialisiert auf Kinderopern, und reist bevorzugt in Städte, in denen ein Opernhaus nicht selbstverständlich ist.

Für die Opernstadt Berlin dagegen stand im Parkett-Foyer der Deutschen Oper eine Uraufführung auf dem Programm: Torsten Wille, Organist und Kompositionsschüler an der Hochschule für Musik Köln, vertonte "Mio, mein Mio" nach dem Kinderbuchklassiker von Astrid Lindgren. Die Geschichte vom kleinen Mio, der das "Land der Ferne" vom bösen Ritter Kato befreit, bietet eigentlich alles, was ein Kinder- und Librettistenherz begehrt: Einen klaren Kampf zwischen Gut und Böse, eine reizende Identifikationsfigur, scharf umrissene Charaktere, einen dramatischen Show-down und ein vergnügtes Happy-End. Um die märchenhaft-sanften Seiten hervorzuheben, konnte Wille sein ganzes Talent für eingängige, gefällige Melodien entfalten: Musical-reif kehren Grundmotive wie das elegische Lied des Nachtvogels, die perlende Melodie der Weidenflöte oder die einfache Volksweise des Brunnens immer wieder. Schwieriger wird es bei den dramatischen Partien: Auch der böse Ritter Kato singt seine Klage vom Kalten Herz ausgesprochen harmonisch. Und im Toten Wald, im Hungerturm oder beim Angriff der feindlichen Späher will im 16-Mann-Orchester keine rechte Spannung aufkommen. Da hätte es schon eines entschiedeneren Schrittes in die Dissonanz bedurft, etwas mehr Mut zur Hässlichkeit.

Erst recht schwierig gestaltete sich die Umsetzung auf der Bühne. Zwar hatte Alexander Schellow gemeinsam mit 200 Berliner Kindern ein überaus funktionsfähiges Bühnenbild geschaffen, in dem sich drehende Säulentürme mit schnellem Griff in Rosengarten, Wald der Dunkelheit oder das finstere Land Außerhalb verwandelt werden können. Die Bühnenhandlung dagegen war mit langen Dialogpassagen und unklarer Personenführung eher dazu angetan, dem Stück jede Dramatik zu nehmen. Wäre nicht der pantomimisch wie dramaturgisch souveräne Geist (Achim Sonntag) immer wieder hilfreich in die Bresche gesprungen, die Unruhe im Publikum wäre kaum zu bändigen gewesen.Weitere Aufführungen: Heute und 18.11., 15 Uhr, 17.11., 16 Uhr

Christina Tilmann

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