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Kultur: Die erste Prüfung

Peter von Becker begrüßt Kulturstaatsministerin Christina Weiss Eine Literaturwissenschaftlerin stellen sich manche als eher ernste Dame vor. Das ist ein Vorurteil, und Christina Weiss, die ExKritikerin und Hamburger Ex-Kultursenatorin widerlegt es mit ihrem Lachen und der Freude am Witz auf Anhieb.

Peter von Becker begrüßt

Kulturstaatsministerin Christina Weiss

Eine Literaturwissenschaftlerin stellen sich manche als eher ernste Dame vor. Das ist ein Vorurteil, und Christina Weiss, die ExKritikerin und Hamburger Ex-Kultursenatorin widerlegt es mit ihrem Lachen und der Freude am Witz auf Anhieb. Witz und Wirklichkeit verbindet auch ihre jüngste Lieblingsanekdote: Nach zehn Jahren als Senatorin mit Fahrer und Dienstwagen zurück im wahren Leben habe sie sich ein eigenes Auto gekauft. Dann die erste Ausfahrt zum Supermarkt, mit Tüten beladen kommt sie zum Parkplatz, öffnet die hintere Wagentür, fällt auf den Rücksitz und schließt die Tür. Wartet. Doch nichts passiert.

Wenn Gerhard Schröder heute die neue Kulturstaatsministerin in ihr Amt (in seinem Kanzleramt) einführt, dann stehen Wagen und Fahrer zwar wieder vor der Tür. Aber zu lachen hat Christina Weiss als Nachfolgerin von Julian Nida-Rümelin erst mal so wenig wie der Rest der Regierung. Angesichts der Haushalts- und Wirtschaftskrise und einer zum Neuanfang von Rot-Grün bereits stolpernden Spar- und Steuerpolitik klingt der Satz aus der Präambel des Koalitionsvertrages „Wir wollen eine lebendige Kultur und eine tolerante Gesellschaft“ wie eine Geisterbeschwörung: Wie lebendig bleibt die schiere Spar-Kultur, wie tolerant eine Gesellschaft im verschärften Verteilungskampf? Dabei hat die Amtsinhaberin mit ihrem MiniMinisterium noch Glück. Denn ihre Macht ist zuerst symbolisch und ihr Kapital der eigene Kopf. Bedenkenträger hat die Politik genug, einen entlastenden Denker, eine Gedankenhelferin als ministeriellen Geistesblitz kann sie dagegen gebrauchen wie nur was.

Das freilich bedeutet mehr als nur intellektuelle Diakonissendienste. Beispielsweise sieht die Koalitionsvereinbarung – nicht zuletzt auf Drängen der neuen Staatsministerin – vor, alle Gesetzes- und Regierungsvorhaben künftig auf ihre „Kulturverträglichkeit“ zu prüfen. Es gehe darum, „Streitpunkte bereits im Vorfeld auszuräumen“ (so Weiss). Da hat sie nun allerdings schon im Hauptfeld erste Arbeit. Mit der geplanten Streichung von Steuervorteilen für kulturelle, wissenschaftliche und soziale Spenden durch Wirtschaftsunternehmen konterkariert die Regierung alle bisherigen Anstrengungen, die öffentlichen Hände durch mehr bürgerschaftliches Engagement zu entlasten. Ein aberwitziger Plan, den Christina Weiss und letztlich der Kanzler nun stoppen müssen. So fängt es an. Und kann nur besser werden.

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