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Kultur: Die Frau vom Meer

KLASSIK

Angela Merkel war gekommen, und auch Daniel Barenboim wurde gesichtet: Die Bayreuth-begeisterte CDU-Chefin wie der Maestro waren wohl von Waltraud Meier in die Philharmonie gelockt worden, der grande dame des erotischen Gesangs. Auch wenn man in Ernest Chaussons „Poème de l’amour et de la mer“ kaum etwas von ihrem Text versteht, schafft sie mit raffinierter Stimmfärbung doch eine unmissverständliche Atmosphäre von Wollust und Wehmut, Tod und Verklärung. Die Staatskapelle beeindruckt unter dem jungen Finnen Mikko Franck zwar durch flirrende Feinheiten – allein, die „gefühlte Temperatur“ des impressionistischen Tongedichts bleibt recht frostig.

In zwei Lager teilt das Publikum die Interpretation von Berlioz’ „Symphonie fantastique“: Was den einen als erhellende Durchleuchtung der Partitur erscheint, ist den anderen schlicht langweilig. Ausgerechnet mit einem Opernorchester verschenkt Franck die Chance, jene Geschichten musikalisch zu inszenieren, die der Erzromantiker Berlioz hier erzählt. Steif wird Walzer getanzt, mechanisch erklingen die Echo-Rufe der Hirten, es gibt weder Hexen noch Opiumräusche, sondern eben nur Struktur. Dass es dabei vor allem im Finale zu regelrechten akustischen Ausschreitungen kommt, gefällt allerdings vielen im Saal.

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