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Kultur: Die Fußtruppen des US-Imperialismus als Helden? (Kommentar)

Da Politiker Menschen von der eher langsamen und vorsichtigen Sorte sind, hat uns das amerikanische Repräsentantenhaus erst jetzt einen Nachschlag zum beliebten Spiel der Millenniums-Bilanzierung serviert. Nicht Einstein oder Mandela ist die Person des Jahrhunderts, nein, so das US-Parlament: Es ist der GI.

Da Politiker Menschen von der eher langsamen und vorsichtigen Sorte sind, hat uns das amerikanische Repräsentantenhaus erst jetzt einen Nachschlag zum beliebten Spiel der Millenniums-Bilanzierung serviert. Nicht Einstein oder Mandela ist die Person des Jahrhunderts, nein, so das US-Parlament: Es ist der GI. Gemeint ist das 20. Jahrhundert. Ungebrochener Kriegerkult? Die Fußtruppen des US-Imperialismus als Helden? Remilitarisierung der US-Außenpolitik? Der unbekannte, anonyme Soldat als Geschichtenbeweger? Immerhin haben sie keinen General gekürt! Amerikas Abgeordnete fügen sich ein in ein Projekt, das Versöhnung heißt. Die Historikerin Doris Kearns Goodwin ist gerade gefragt worden, was die positivste Bilanz sei, die man dem vor genau 25 Jahren beendeten Vietnam-Krieg abgewinnen könne. "Dass den einfachen Soldaten, die dort gekämpft haben, heute Respekt gezollt wird und ihr unwürdiger Empfang zurück in der Heimat, wie er in den 70er Jahren üblich war, der Vergangenheit angehört", hat die linksliberale Historikerin gesagt. Hollywood sei das zu verdanken. Spielberg mit seinem "Ryan" hat ähnliches für die Weltkriegs-Veteranen bewirkt. Tom Brokaw, einer von Amerikas wichtigsten TV-Nachrichten-Moderatoren, hat der "Greatest Generation", die damals kämpfte, eine Bestseller-Buchserie gewidmet. Auf der Museums-Meile in Washington ist unter Clinton ein Korea-Mahnmal eingeweiht worden, ein Weltkriegs-Gedenkort wird geplant. Ist es erst einmal gebaut - Tom Hanks wirbt dafür -, dann haben die USA alle ihre Schlachten der letzten 70 Jahre auf der "Mall" verewigt. Auch in Amerika wächst die Kluft zwischen Zivilem und Militärischem. Nie gab es so viele ungediente Abgeordnete. Da ist eine solche Erklärung nichts weiter als der Versuch, das Rad ein wenig zurückzudrehen zu den Zeiten, als der Kampf gegen Faschismus und Kommunismus die USA einigte. Der GI als "Person des Jahrhunderts" - so etwas bringt nur Amerika fertig. Allerdings hat der GI ja auch hier bei uns den Gasmann durch den Schokoladenmann ersetzt.

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