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Kultur: Die Gestrandeten

FORUM „Before Born“ von Zhang Ming

Ein Mann kommt in ein Hotel. Er hat eine Digitalkamera und einen Koffer voller Geld. Er sucht nach einem anderen Mann. Doch dessen Zimmer ist leer, von der jungen Frau darin mal abgesehen. Angeblich hält sich der Gesuchte inzwischen in Vietnam auf oder auf der Insel Weizhou. Der Mann und die Frau verbringen Zeit am Strand. Sie reden kaum. Sie fahren gemeinsam nach Vietnam und Weizhou, denn die Frau sucht den Abwesenden ebenfalls.

Dann plötzlich, alles auf Anfang, die zweite Hälfte des Films: Ein anderer Mann kommt in das Hotel. Auch er hat eine Digitalkamera und einen Koffer voller Geld. Auch er sucht nach einem Mann. Und auch er begegnet einer jungen Frau, mit der er Zeit am Strand verbringt, kaum redet und nach Weizhou fährt (aber nicht nach Vietnam!). Wiederum sucht die Frau den Abwesenden – sie ist nämlich schwanger.

Nicht das Hinabtauchen in psychologische Tiefen ist die Aufgabe, vor die man sich als Zuschauer gestellt sieht, sondern das Erkennen von Beziehungen, Ähnlichkeiten, Verschiebungen zwischen den beiden Teilen. Es gibt Sequenzen – die Fahrten etwa auf die Insel Weizhou – die sich gegenseitig zu spiegeln scheinen. Es gibt aber auch lineare Beziehungen der beiden Abschnitte. So trägt der erste Mann eine Verletzung genau dort am Arm, wo sich der zweite Mann verletzen wird. Und die Glastür zu einem Reisebüro, die anfangs eingeschlagen wurde, ist nach dem Neustart behelfsmäßig mit Karton überdeckt. Das alles fügt sich aber zu keiner Bedeutung. Es ist wie ein Spiel, das nur diese eine Vorgabe kennt: Ein Mann und eine Frau, die sich am Ende der Welt begegnen. „Before Born“ zeigt zwei Runden dieses Spiels. Es könnten auch mehr sein.

Der Film verdankt seine Entstehung einem Ort: dem weitläufigen, weichsandigen Strand von Qiao Gang Town in der Provinz Guang Xi. Es ist ein ganz und gar trostloser Ort, vor allem in der winterlichen Nachsaison, in der „Before Born“ gedreht wurde – eine kaltfeuchte Tristesse in grün und grau, klamm und unfreundlich. Einzelne Menschen zelten am Strand, als besiedelten sie den Mond. Dieser Ort ist die Leere selbst. Der Regisseur Zhang Ming wollte dort schon immer mal einen Film drehen.

„Before Born“ zeigt keine Handlung, sondern einen Gesamtzustand: den Zustand der Einsamkeit. Es ist eine Einsamkeit, die keine Ursache hat. Sie ist einfach da.

Heute 21.30 Uhr (Cinestar 8), 18. 2., 12.30 Uhr (Arsenal), 19. 2., 19 Uhr (Delphi)

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