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Kultur: Die guten Bösen

Ein Berliner Opern-Kino-Marathon

Die darstellenden Künste und der Fußball, heißt es, hätten so einiges miteinander gemein. Wenigstens im Alltag. Das Ensemble oder die Compagnie oben auf der Bühne, das Orchester unten im Graben – das ist die Mannschaft. Da sind die „Tutti-Schweine“ an den hinteren Pulten (Abwehr), in deren Reihen es schon einmal beträchtlich klappern kann, da ist die Primaballerina, die aufs dramatischste in letzter Sekunde absagen muss (Ballack), und da sind die ewigen Intriganten, die backstage nur darauf warten, dass der Konkurrent das entscheidende hohe C des Abends verkiekst und verknödelt (Torwartfrage). Der Dirigent oder Regisseur gibt den Trainer, der Intendant ist der Kaiser, und der Generalintendant, wenn er nicht gerade aus der säkularisierten Schweiz kommt, spielt am allerliebsten den lieben Gott. Nur das Publikum ist und bleibt das Publikum: begierig nach dem nächsten Rausch, der neuesten Überwältigungsstrategie in dieser so überwältigend armen, leidenschaftslosen Zeit.

Mindestens so leicht allerdings fallen die Unterschiede ins Auge. Während das fußballerische Regelwerk, folgt man Philosophen und Theologen, eindeutig die niederen Instinkte und Triebe schult (die Schwächen des Gegners ausnutzen, sich tricksend und foulend durchschlagen, überhaupt: gewinnen wollen und zwar um jeden Preis), arbeitet sich die Freiheit der Kunst seit jeher daran ab, dem Menschen ein bisschen menschenwürdige Kultur beizubringen.

Immerhin hat sie bei diesem Versuch vor ein paar hundert Jahren auch die Frau für sich entdeckt. Wo also ließe sich mehr über die erbarmungslose Hitze und Kälte der Liebe lernen als bei Mozart? Wer weiß alles über Macht wenn nicht Shapespeare? Und wann waren die finsteren Mächte, die unser Dasein auch bestimmen, je anmutiger, graziöser als in Tschaikowskys „Schwanensee“-Ballett oder in Strawinskys „Feuervogel“?

Dass nämlich die Guten oder Besseren im Leben wie in der Kunst (und im Fußball!) keineswegs immer gewinnen und die Bösen oft die viel spannenderen, authentischeren Persönlichkeiten sind, davon erzählen im Charlottenburger Kino filmkunst66 gut 50 Opern-, Ballett- und Schauspielfilme respektive -verfilmungen: von Jean-Pierre Ponnelles Wiener „Rigoletto“ (mit Luciano Pavarotti und Edita Gruberova, 1992) und Zeffirellis „Bohème“ (mit Mirella Freni und Herbert von Karajan, Mailänder Scala 1965) über Rudolph Nurejew und Margot Fonteyn in „Schwanensee“ (1966) und das legendäre Gastspiel des American Ballet Theatre in der Deutschen Oper mit Carla Fracci in „Giselle“ (1969) bis hin zu den Schaubühnen-„Sommergästen“ von 1975 oder Klaus Kinski als Büchners „Woyzeck“ (1979). Das Ganze in brandneuer digitaler Projektionstechnik und nicht nur bis zum 9., sondern sogar bis zum 12. Juli.

Programm unter www.filmkunst66.de

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