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Kultur: Die Intendantin

Nele Hertling zum 70. Geburtstag

275 Jahre ist es her, dass Caroline Neuber in Sachsen das Privileg erhielt, ein festes Theater zu führen. Sie war die erste deutsche Intendantin und räumte auf mit der seinerzeit vorherrschenden Volkstheatertradition. Die Neuberin machte das Theater zu einer literarischen Anstalt, mit Dramen des französischen Klassizismus und deutschen Dramatikern, unter ihnen der junge Lessing.

Bald fünfzehn Jahre lang hat Nele Hertling, viel geliebt und ob ihres immensen kulturpolitischen Einflusses und ihrer Beharrlichkeit ebenso gefürchtet, das Berliner HebbelTheater geleitet: auch sie eine harte Pionierin und Reformerin. Nele Hertlings Name steht für das internationale Theater in den grenzüberschreitenden Bereichen von Tanz, Musik und Schauspiel. Die Idee brachte sie aus der „Werkstatt Berlin“ des europäischen Kulturstadt-Jahres 1988 mit. In wenigen Tagen wird Nele Hertling mit dem Caroline-Neuber-Preis der Stadt Leipzig ausgezeichnet. Selten kann man sagen, dass ein Kulturpreis-Leistungsverhältnis so stimmig ist.

Schweren Herzens hat sie im letzten August von ihrem Haus Abschied genommen und es Matthias Lilienthal überlassen, der das Hebbel in ein Kombinat verwandelt und mit atemberaubender Geschwindigkeit popularisiert hat. Nun heißt es HAU 1 bis 3, und Hertlings Erbe blüht in unverhoffter Weise auf. Zum internationalen Gastspiel-Zirkus ist bei Lilienthal eine aufregende soziokulturelle Kreuzberg- und Neukölln-Connection hinzugekommen. Anders verhielt es sich mit der Berliner Akademie der Künste, deren treibende künstlerisch-innovative Kraft Hertling über zwei Jahrzehnte lang gewesen ist. Am Hanseatenweg wurde es nach ihr still.

„Die Königin geht – es lebe die Königin“, titelte der Tagesspiegel zur großen Hebbel- Dernière. Nun, ihr berühmtes Netzwerk ist noch intakt, wenn nicht im Wachsen begriffen. Sie hat das Künstlerprogramm des DAAD in Berlin übernommen, sitzt in etlichen nationalen und internationalen Gremien und bereitet für Ende 2004 mit dem früheren Kultursenator Volker Hassemer, der sie einst ans Hebbel-Theater holte, eine europäische Kulturkonferenz vor. Das „Forum Zukunft Berlin“ hat dafür von der Bundeskulturstiftung die eindrucksvolle Summe von einer halben Million Euro bekommen. Heute feiert die gebürtige Berlinerin ihren 70. Geburtstag – vom Altenteil gewiss noch etliche Jahre entfernt. R. S.

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