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Riccardo Chailly

© Decca/Gert Mothes

Die Kandidaten der Berliner Philharmoniker (4): Erfahrung und Neugierde

Am 11. Mai wählen die Berliner Philharmoniker ihren neuen Chef. Bis zum 10. Mai stellen wir täglich einen Kandidaten vor. Heute: Riccardo Chailly

Was hat man Simon Rattle nicht alles vorgeworfen: zu wenig Profil im Kernrepertoire, den deutschen Klang ruiniert. Riccardo Chailly wäre für diese Kritiker ein Balsam, ohne die bittere Pille Thielemann schlucken zu müssen. Der Italiener beweist als Gewandhauskapellmeister seit 2005 ein feines Gespür für Traditionslinien, für Bach, Beethoven, Mendelssohn und Brahms. Bruckner, Mahler und die Moderne gehören ohnehin zu den Stärken dieses Dirigenten, der immer wieder intellektuelles und musikalisches Feuer zu vereinen weiß. In Leipzig hat er bis 2020 verlängert, das ergäbe eine kleine Überlappung mit den Philharmonikern, die kein Hinderungsgrund sein muss. Und Traditionalisten aufgepasst: Nikisch und Furtwängler waren beide zugleich Chefs in Berlin und am Gewandhaus.

Mit einem Engagement in Berlin würde sich für Chailly ein Kreis schließen: Hier hat er an der Spitze des damaligen RSO (heute DSO) 1982 bis 1989 für Furore gesorgt. Allerdings ist der Dirigent seit Januar der Scala als Musikchef verpflichtet, jenem Haus, an das Claudio Abbado den erst 21-Jährigen als Assistenten und zweiten Kapellmeister berief. Nach Mailand zurückzukehren ist für ihn also sicher auch eine emotionale Entscheidung. Ob die Philharmoniker sie akzeptieren würden, ist fraglich. Sie haben erklärt, ihren neuen Chef ganz für sich alleine haben zu wollen. Vielleicht überlegen sie sich das doch noch einmal, denn ein Dirigent von Chaillys Gespür, Erfahrung und Neugier ist nur schwer zu finden.

Bisher erschienen: Christian Thielemann, Andris Nelsons, Teodor Currentzis

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