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Kultur: Die kantable Forelle

Das Konzert von Mitgliedern der Berliner Philharmoniker im Kammermusiksaal der Philharmonie zugunsten der Tagesklinik krebskranker Kinder war auch wohltätig für die Ohren der Zuhörer.Die Musiker traten in drei verschiedenen Formationen auf, um ein klanglich und charakterlich höchst wechselhaftes Programm zu gestalten: als Bläsersextett für das Divertimento F-Dur KV 213 von Mozart, als das langjährig bekannte Philharmonia Quartett für das 3.

Das Konzert von Mitgliedern der Berliner Philharmoniker im Kammermusiksaal der Philharmonie zugunsten der Tagesklinik krebskranker Kinder war auch wohltätig für die Ohren der Zuhörer.Die Musiker traten in drei verschiedenen Formationen auf, um ein klanglich und charakterlich höchst wechselhaftes Programm zu gestalten: als Bläsersextett für das Divertimento F-Dur KV 213 von Mozart, als das langjährig bekannte Philharmonia Quartett für das 3.Streichquartett von Schostakowitsch und als vierköpfiges namenloses Streicherensemble zusammen mit dem Pianisten Yefim Bronfman für das A-Dur-Klavierquintett von Schubert - ja, das mit dem Variationensatz über das Lied von der munteren Forelle.

Mozarts unschuldige Gartenmusik war wirklich spritzig.Feine Schattierungen und Klangvaleurs der verschiedenen Blasinstrumente kamen prächtig zur Geltung.Man spielte überkreuz als prostete man sich zu.Käme man sich nicht albern vor, müßte man jetzt von Ohrenschmaus ...Ein wieviel besserer Menschenkenner Schostakowitsch war als der Musikkommissar der russischen KP zeigt sein unmittelbar nach dem Krieg geschriebens Quartett.Die Janusköpfigkeit des bitter errungenen Sieges geistert durch die ganze Partitur.Technische Souveränität war die Basis einer äußerst durchdachten, konzentrierten Darstellung, mit der das Philharmonia Quartett das beklemmende Als Ob der Zerstreuung, den antiheroischen Affekt, die zärtliche Trauer verdeutlichte.

Wie man mit musikalischer Intelligenz auch populären und vertraut scheinenden Werken neue Seiten abgewinnen kann, demonstrierten Bronfman und vier philharmonische Streicher.Schubert verschob das Klangspektrum gewaltig nach unten, drei Streicher gehören der tiefen Lage an, die traditionelle Diskantlastigkeit ist gebrochen.Mit diesem Klangrahmen wußten alle, besonders aber der Pianist, etwas anzufangen.Er kostete den auf diese Weise möglichen Trapezklang seines Instruments, den Schubert sich ausgedacht hatte, voll aus.Ohne sich in den Vordergrund zu drängen war Bronfman der geheime Impulsgeber und erzielte eine ganz außergewöhnliche klangliche und rhythmische Einmütigkeit des Ensembles.Ohne dick aufzutragen, wußte jeder die kantablen Qualitäten seiner Stimme ins Spiel zu bringen.Die bizarren, ja gruseligen Seiten aller Sätze dieses Quintetts waren erstaunlich präsent, das Scherzo wurde endlich mal nicht nach der Plumpsack-Manier und sein Trio wie kaum jemals als verzagtes Nachtstück angeboten.Käme man sich nicht albern vor, würde man gerne von einer kleinen Sternstunde ...

PETER SÜHRING

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