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Kultur: Die kapitale Pirsch

Nicola Kuhn sucht den Kunstsammler, das unbekannte Wesen Die Karawane zieht weiter. Nachdem Anfang der Woche die Galeristen des Art Forums ihre Kojen wieder abgebaut und die Kunstwerke eingepackt haben, dauert es nicht lange, bis Ende des Monats in Köln die nächste Messe stattfindet, die Art Cologne – wo alles wieder von vorne anfängt.

Nicola Kuhn sucht den Kunstsammler, das unbekannte Wesen

Die Karawane zieht weiter. Nachdem Anfang der Woche die Galeristen des Art Forums ihre Kojen wieder abgebaut und die Kunstwerke eingepackt haben, dauert es nicht lange, bis Ende des Monats in Köln die nächste Messe stattfindet, die Art Cologne – wo alles wieder von vorne anfängt. Kunst ist ein Durchgangsgeschäft. Berlin bekommt das schmerzlicher zu spüren als die etablierten Messestädte, in denen auch über das Jahr die großen Geschäfte in Sachen Kunst abgewickelt werden.

Umso mehr wird in diesem Kunstherbst der Sammler, das unbekannte Wesen, beschworen: Wer ist er? Wo ist er? Was treibt ihn um? Eine scheue Spezies, die desto stärker die Aufmerksamkeit auf sich zieht, je weniger die Museen ihrem eigenen Sammlungsauftrag nachkommen können. Und deshalb ebenfalls auf der Pirsch sind nach diesen kapitalen Kunstliebhabern. Auf deren Kollektionen dürfen sich die Kuratoren mal der einen, mal der anderen Stadt Hoffnung machen. Durchgangsgeschäft Kunst eben.

Solche Flüchtigkeit ist besonders bedauerlich, wenn die Kunst das Spezifische ihrer Entstehungsstätte angenommen hat. Berlin ist in den neunziger Jahren ein solcher Ort gewesen, ist es noch. Nach Mauerfall und Wiedervereinigung hat es zuhauf die Künstler in diese Stadt des Übergangs, der ungeklärten Verhältnisse gezogen – nicht zuletzt durch den geringeren Lebensunterhalt, erschwingliche Arbeitsräume.

Die Berlinische Galerie wäre eigentlich das Haus am Platze, das diese Entwicklungen reflektieren müsste – wenn sie denn eine Adresse hätte und nicht seit Jahren Opfer jener für Künstler in Berlin so attraktiven Ungewissheiten wäre. Vor vier Jahren aus dem Martin-Gropius-Bau verdrängt, sollte das Landesmuseum längst in den Eiskellern der Kreuzberger Schultheiss-Brauerei ein neues Domizil besitzen. Nach der Pleite der dortigen Investoren ist nun das ehemalige Glaslager in der Alten Jakobstraße, unweit des Jüdischen Museums, versprochen. Finanziert wird das Projekt mit den 16,4 Millionen Euro, die das Land aus der Insolvenz-Bürgschaft der Deutschen Bank für den ursprünglichen Standort im Viktoria Quartier zurückerhielt. Schlüsselübergabe im November 2003, Neueröffnung im Frühjahr darauf.

Die Berlinische Galerie hätte dann endlich ihren Platz. Doch ihrem eigentlichen Auftrag dürfte sie auch dann nur noch schwerlich nachkommen. Auch davon erzählt die Ausstellung „Nach der Natur“, mit der das Landesmuseum noch bis 27. Oktober im Kunstforum der GrundkreditBank am Zoo gastiert. Zu sehen sind Werke von über dreißig Berliner Künstlern, die in den letzten zehn Jahren erworben wurden. Die Arbeiten des Schweizers Rémy Markowitsch, des Ägypters Amin El Dib, der Norwegerin Anne Katrin Dolven und der Russin Svetlana Kopystiansky fügen sich zu einem bemerkenswert internationalen Panorama hiesiger Kunstproduktion.

Ermöglicht hat es die Künstlerförderung der Senatsverwaltung für Kultur, von der auch das Kupferstichkabinett, die Stiftung Stadtmuseum und die Artothek des Neuen Berliner Kunstvereins profitierten. In den besten Zeiten standen der Berlinischen Galerie 1,2 Millionen Mark aus diesem Topf zur Verfügung. Vorbei, wegen Sparmaßnahmen. Seit vergangenem Jahr sind die Mittel komplett gestrichen. Was für Aussichten bei einem Museum, das ohnehin über keinen eigenen Ankaufsetat verfügt. Die Karawane mit Galeristen und Künstlern ist derweil vorübergezogen.

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