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Kultur: Die Kultur liegt auf dem Platz

Brasiliens Gilberto Gil und die Fußball-WM

„Eigentlich“, sagt Bernd Neumann und schaut hinüber zu seinem Gast, „eigentlich müssten Sie uns jetzt etwas vorsingen.“ Gilberto Gil lacht höflich und schaut dann betreten nach unten. Natürlich kann er singen, der grazile Mann mit den mächtigen Rastazöpfen ist in seiner Heimat ein Mythos, Mitbegründer des Tropicalismo, jener Musikrichtung, die den Bossa Nova mit Elementen der modernen Popmusik verbindet. Doch an diesem Donnerstag ist er nicht als Musiker nach Berlin gekommen.

Seit drei Jahren amtiert Gil als Kulturminister Brasiliens, und Bernd Neumann ist seit zwei Wochen sozusagen sein Amtskollege. Von dem CDU-Mann ist bekannt, dass er gern Akkordeon spielt und für den Fußballverein Werder Bremen schwärmt. Da kommt ihm sein erster offizieller Staatsgast gerade recht. Gilberto Gil präsentiert im Haus der Kulturen der Welt die „Copa da Cultura“, das brasilianische Kulturprogramm zur Fußball–Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland. Passend zum Anlass schenkt Neumann ihm ein deutsches Fußballtrikot aus dem Jahr 1954, „wissen Sie, damals ist Deutschland zum ersten Mal Weltmeister geworden“.

Gilberto Gil bedankt sich und hält eine schöne Rede über die soziale und kulturelle Dimension des Fußballs, „das ist für viele Künstler Inspiration“. Gil spricht schon eine Viertelstunde lang, da betritt Marcelinho den Saal, wie gewohnt ein bisschen zu spät. Der Fußballspieler von Hertha BSC ist so etwas wie der Ersatz für den ursprünglich erwarteten Weltstar Pelé, der kurzfristig abgesagt hat. Marcelinho spielt nicht nur Fußball, er macht auch Musik in einer Band mit dem feinsinnigen Namen „100 % Marcelinho“. Musiziert hat er vorzugsweise zu spätabendlichen Zeiten, und weil sich das nicht so recht mit seinen Aufgaben als Fußballprofi vertrug, ist die musikalische Karriere erst einmal ausgesetzt.

Nach einer weiteren Viertelstunde ist Gil fertig mit seiner Rede, der brasilianische Botschafter spricht ein Grußwort, und dann darf das Publikum Fragen stellen. Eine Frau will von Gil wissen, ob er denn einen Talisman habe für die WM im nächsten Jahr, und zur Antwort singt der Herr Minister, mit sanfter Stimme und vollem Volumen, er singt ein eigens für die WM komponiertes Lied. Und Bernd Neuman ist längst schon wieder weg. Wichtige Termine.

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