zum Hauptinhalt

Kultur: Die Kunst der Heimkehr

Eine Stadt ist so viel wert wie ihre Bewohner.Wohl daran mag es liegen, daß die Berliner als erstes Heinz Berggruen lieben und dann sein Museum.

Eine Stadt ist so viel wert wie ihre Bewohner.Wohl daran mag es liegen, daß die Berliner als erstes Heinz Berggruen lieben und dann sein Museum.Und so mancher wird enttäuscht sein, daß der Kunstfreund seinen heutigen 85.Geburtstag nicht am Ort seiner Sammlung feiert, sondern in Paris, wo er als Kunsthändler den Grundstein für diese Kollektion legte und in den letzten Jahrzehnten vornehmlich gelebt hat.

Über zwei Jahre ist es her, daß Berggruen seine sensationelle Sammlung klassischer Moderne in die Obhut der Staatlichen Museen zu Berlin und den schönen Rahmen des westlichen Stülerbaus gegenüber dem Schloß Charlottenburg gegeben hat.Ein Lebenswerk rundete sich da, denn sechs Jahrzehnte zuvor hatte Berggruen ohne Arg als junger Student seine Heimatstadt verlassen, in die er als Kind einer jüdischen Kaufmannsfamilie doch nicht wieder zurückkehren konnte.Ihm persönlich sind die Verfolgungen des Nazi-Regimes erspart geblieben, seine Eltern konnte er in letzter Minute retten.Vielleicht fiel es ihm darum leichter als anderen, in die Stadt zurückzukehren, von der das Unheil des "Dritten Reiches" ausgegangen war.

Doch wer mit Heinz Berggruen spricht, wird schnell in der Gegenwart anlangen.Natürlich sind da seine großen Erfolge als Kunsthändler Picassos, seine Begegnungen mit Frida Kahlo, Matisse, Miró und anderen Größen der Kunstgeschichte, die er so lebhaft in "Hauptweg und Nebenwege", seinen nach einem Bildtitel Paul Klees überschriebenen Memoiren, dargestellt hat.Aber Berggruen lebt im Jetzt: So liest er den Mahnmal-Diskutanten die Leviten, indem er zu Geduld mahnt, vor "Süffisanz und satter Selbstzufriedenheit" warnt (Tsp.vom 1.4 .1998), oder er schmückt als Festredner die Eröffnungszeremonie der neuen Gemäldegalerie im Juni 1998.Der gebürtige Berliner ist "wieder da", wie er es selbst knapp formuliert, und nimmt gerade diese seine besondere Aufgabe als Rückkehrer in eine neue-alte Stadt besonders ernst.

Das sichtbarste Zeichen seines Engagements sind die stetigen Hinzukäufe in seine nach Berlin gegebene Kollektion.Allein im vergangenen Jahr erwarb er noch sechs Gemälde von Picasso, Klee und Matisse hinzu, nur wenige Monate zuvor hatte er die Bestände um elf weitere Werke aufgestockt.Die Berliner und Berlin-Touristen vergelten es ihm mit einem kontinuierlichen Besucherstrom.Die Sammlung Berggruen gilt als eines der beliebtesten Häuser der Stadt.Aber auch in den anderen Museen weiß man, was man dem liebenswürdigen alten Herrn zu danken hat: Mit seiner Sammlung hat er eine seit dem "Dritten Reich" in den Museumsbeständen klaffende Lücke geschlossen.Die auf zehn Jahre befristete Leihgabe war da fast so etwas wie ein Geburtstagsgeschenk an die wiedergegebene Heimatstadt.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false