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Kultur: Die lokale Poesie der globalen Industrie

Der Stand der Globalisierung ist nirgends besser zu erkennen, als am Grad der Vermengung von Stilen in der Musik. Wenn der Ibero-Franzose Manu Chao mit einem Kassettenrecorder in Lateinamerika auf musikalische Spurensuche geht, wenn in London Dancefloor Rhythmen mit Sithars unterlegt werden oder kolumbianische Sängerinnen libanesischer Abstammung in Deutschland Nummer eins Hits landen, wie jüngst Shakira, dann zeigt das den intensiven musikalischen Informationsfluss zwischen den Kontinenten an.

Der Stand der Globalisierung ist nirgends besser zu erkennen, als am Grad der Vermengung von Stilen in der Musik. Wenn der Ibero-Franzose Manu Chao mit einem Kassettenrecorder in Lateinamerika auf musikalische Spurensuche geht, wenn in London Dancefloor Rhythmen mit Sithars unterlegt werden oder kolumbianische Sängerinnen libanesischer Abstammung in Deutschland Nummer eins Hits landen, wie jüngst Shakira, dann zeigt das den intensiven musikalischen Informationsfluss zwischen den Kontinenten an. Es weckt gleichzeitig den Wunsch nach Definitionen.

Sucht man Hip Hop aus dem Senegal besser im Afrika Regal oder unter Hip Hop? Oder ist alles, was national nicht mehr klar einzuordnen ist, gleich Weltmusik? Zum Auftakt des Open Air Festivals "popdeurope- migrating sounds in and out of europe" verhandelte man im Haus der Kulturen der Welt (HKW), wie die vielfältigen Stilvermengungen das Verständnis von Pop verändern? (Das Festival selbst findet ab dem 21. Juni auf dem Dach des HKW statt.) Susanne Binas vom Forschungszentrum für Popularmusik der Humboldt-Universität verwarf den Mythos von der kulturellen Einfalt und Verarmung, den die Globalisierung angeblich bewirke. Tatsächlich nähmen lokale Besonderheiten zu. Vielfalt und ökonomischer Erfolg schlössen sich nicht aus, die Musikindustrie reagiere auf die Bedürfnisse kleinerer Gemeinschaften. So sei MTV, angetreten unter dem Slogan "One World - One Music", immer auch regionale verankert. Laut Binas gedeihe so im Pop eine Poesie des Lokalen. Leider ließ sie es an Beispielen fehlen, die ihre These stützten. Wie MTV Asia beispielsweise auf kulturelle Eigenheiten burmesischer Bergvölker eingehen soll, blieb offen.

Das beste Beispiel, wie Musiktransfer nicht nur vom Westen in den Rest der Welt stattfindet, sondern auch umgekehrt, liefert der Journalist Jay Rutledge. Er hat die CD "Africa Raps" herausgegeben. Darauf versammelt ist Hip Hop aus Gambia, Mali und dem Senegal. Zwar sei die Musik an der Oberfläche eine Kopie amerikanischer Vorbilder, doch unter der Fassade gehe es um spezifisch senegalesische Themen. So bestünden die Texte der Gruppe CBB ausschließlich aus Artikeln des senegalesischen Grundgesetzes. Als Rutledge die CD anspielt, wippt das Podium mit dem Köpfen. Angeregt von der Musik geht Daniel Best vom Sonar Kollektiv zum Angriff über, "Jay, Dir geht es mit deiner CD um Exotik. Du willst Exotik mit Beats verkaufen." Doch den Vorwurf des Musikraubs in Kolonialherrenmanier führte der marokkanisch-stämmige Musiker Youssef Adel alias U-Cef ad absurdum. Die Intention der afrikanischen Jugendlichen sei es ja gerade, dazuzugehören und kräftig bei der musikalischen Globalisierung mitzumischen.

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