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Kultur: Die SPD vor den Landtagswahlen: Eine, zwei, viele Kampas

"Wahlkampf muss neben den Parteistrukturen organisiert werden." Mit diesem Erfolgsrezept hat Franz Müntefering, damals Bundesgeschäftsführer und heute Generalsekretär der SPD, 1998 den Bundestagswahlkampf für die Sozialdemokraten gemanagt.

"Wahlkampf muss neben den Parteistrukturen organisiert werden." Mit diesem Erfolgsrezept hat Franz Müntefering, damals Bundesgeschäftsführer und heute Generalsekretär der SPD, 1998 den Bundestagswahlkampf für die Sozialdemokraten gemanagt. Er gilt seitdem als einer der Väter des Wahlsiegs. Kernstück seiner Strategie war damals die "Kampa", die Wahlkampfzentrale der SPD, in der, einen Steinwurf von der Bonner Parteizentrale entfernt, alle Informationen zusammenliefen. Mit dem Rezept, das 1998 so gut funktionierte, wollen an diesem Sonntag auch die Sozialdemokraten in Baden-Württemberg das Land knacken, in dem seit 48 Jahren die CDU regiert.

Die Anlehnung an amerikanische Wahlkämpfe, 1998 bereits im Wahlkampf Gerhard Schröders sichtbar, wird hier nun wiederholt. Wie einst Franz Müntefering in Bonn begannen die Sozialdemokraten auch in Baden-Württemberg damit, ihre "Kampa" ein Jahr vor der Wahl aufzubauen. In allen 70 Landtagswahlkreisen rekrutierte die SPD einen Vertreter für ihre "Kampa vor Ort". Erwünschte Qualifikation: möglichst kein Parteifunktionär, denn die haben genug zu tun. Die neuen Mitarbeiter blieben ständig mit der Zentrale in Stuttgart verbunden.

Ein Jahr lang Wahlkampf, genau wie es Müntefering 1998 vorgemacht hatte: Das ist ein Modell für den Wahlkampf aus der Oppositionsrolle. Es galt, die 36 Jahre junge Spitzenkandidatin Ute Vogt im Ländle bekannt zu machen und so weit wie möglich eine Wechselstimmung bei den Wählern zu wecken. In Rheinland-Pfalz, wo sich am Sonntag Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) zur Wiederwahl stellt, waren die Voraussetzungen für die Landes-SPD anders. Beck, der sich gern als pragmatischer Landesvater präsentiert, geht als Titelverteidiger ins Rennen. Das lässt sich mit anderer Strategie gestalten als mit der, die die "Kampa" in Stuttgart verfolgt. Den Ministerpräsidenten kennt man in seinem Land, eine Wechselstimmung ist unerwünscht, und ein Jahr lang Wahlkampf muss da auch nicht unbedingt sein.

In Baden-Württemberg geben SPD und CDU angeblich mehr als 3,5 Millionen Mark für den Landtagswahlkampf aus. Der aus der "Kampa" gesteuerte Wahlkampf der Opposition, der jugendliche Charme der SPD-Herausforderin und die lange steigenden Umfragewerte für die Sozialdemokraten machten der Union zu schaffen. Lothar Späth, der Vorgänger des amtierenden CDU-Ministerpräsidenten Erwin Teufel, wird mit den Worten zitiert: "Die SPD führt den professionelleren Wahlkampf." Die Bundespartei, die den Stuttgartern mit ihrer "Kampa" das Modell gab, muss sich für 2002 dennoch etwas Neues einfallen lassen.

Sie kann zwar wieder eine neue "Kampa" organisieren und damit einen erfolgreichen Markennamen wiederbeleben. Doch die strategische Ausgangslage ist 2002 völlig anders, wie man im Willy-Brandt-Haus weiß. Anders als 1998 steht fest, wer Kandidat ist. Anders als 1998 muss für das "weiter so", nicht für den Wechsel geworben werden. Und wenn eine Regierung dahinter steht, sind eben nicht mehr ganz so viele Quereinsteiger nötig, die Ideen und Qualifikation einbringen, um Themen zu entwickeln und zu besetzen.

Carsten Germis

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