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Im Dämmerlicht. Das Weiße Haus in Washington D.C., USA.

© dpa

Die Sprache von Donald Trump: Das Weiße Haus ist auch nur eine Immobilie

Das Ihr und das Wir: Was die Sprache über Donald Trump und seine Anhänger verrät. Von Andeutungen und pochenden Wiederholungen, Einschüchterungen und Auslassungen.

Von Caroline Fetscher

Als Junge ging der kleine Donald Trump bei seinem Vater und Vorbild, dem großen Fred C. Trump, gewissermaßen in die Lehre. Bisweilen durfte der Sohn zum Beispiel dabei sein, wenn der Alte, ein Immobilientycoon, bei säumigen Mietern höchstpersönlich an die Wohnungstür wummerte, um ausstehende Summen in bar einzutreiben. Wer nicht zahlen konnte, fand kein Erbarmen.

Sieben Wohntürme, je 23 Stockwerke hoch, besaß der Vater allein auf Coney Island. Der Hausverwaltung war beschieden worden, nicht an Schwarze zu vermieten. So berichtete es der einstige Verwalter Stanley Leibowitz als 88-Jähriger der „New York Times“ im August 2016. „Pack diese Mieterbewerbung in eine Schublade und lass sie da“, habe Trump Senior befohlen. An dieser Praxis konnten selbst verlorene Gerichtsverfahren wegen Diskriminierung wenig ändern. Laut „New York Times“ bezichtigten die Trumps die Behörden „Gestapo-ähnlicher Verhöre“ und umgingen, wo sie konnten, erfolgreich die gesetzlichen wie gesellschaftlichen Regeln.

War ein Anliegen rechtlich durchsetzbar – der Mieter stand in der Schuld – ging es direkt zu. Kein Mittel wurde gescheut, nicht das Hämmern auf Haustüren, das Anschreien, Drohen, Abkassieren. War ein Anliegen rechtlich suspekt oder illegal – Schwarze sollen nicht zu Mietern werden – griff man zu Andeutungen, Auslassungen, Anweisungen hinter den Kulissen.

Die Sprache des Geldeintreibers und Erpressers

Brutal direkt oder infam indirekt: Allein an den Immobilien-Vignetten lässt sich einiges zur Genese der Sprechweise und Wortwahl des US-Präsidenten Trump ablesen. Wie Blueprints unterrichten sie über die Trump-Sprache, zu der bei Auftritten die begleitenden Trump-Gesten gehören. Und zu entdecken ist dabei nicht allein die Sprache des Geldeintreibers und Erpressers, sondern auch die klassische Sprache des semiseriösen Verkäufers, der über ein paar Dutzend Schlüsselvokabeln verfügt, der das eigene Produkt als großartig preist, das der Konkurrenz als minderwertig verwirft. „Wollen Sie wirklich weiter diese Karre fahren? Wirklich? Hier, mein tiefergelegter, sagenhafter Chevy, achten Sie nicht auf das Baujahr, der Wagen ist eine Wucht! Ich fahre selber genau so einen, hab heute schon zwölf davon verkauft!“

Als Basiselemente im Baukasten der Trump-Sprache finden sich Andeutungen, Versprechungen, Drohungen, Einschüchterungen, Übertreibungen, Wiederholungen, kontrafaktische Behauptungen, Ellipsen, also Auslassungen, sowie starke Prisen genereller Alarmismen und Euphemismen.

Mit Andeutungen war der Wahlkämpfer bei der haltsuchenden Klientel besonders erfolgreich. „There’s something going on!” („Da geht irgendetwas vor sich!“), diesen kleinsten gemeinsamen Nenner jeder Verschwörungstheorie raunte Trump wieder und wieder. Was denn da nun konkret vor sich ging, das überließ er einstweilen der Fantasie der verstörten Zuhörer, und versprach ihnen zugleich, er werde dafür sorgen, dass „das“ herausgefunden wird.

Ähnlich operiert der Quacksalber, der ein drohendes Leiden erfindet um eine präventive oder kurierende Tinktur zu verkaufen. Wer Donald Trump nicht glaubt, wer nicht mitspielt, der ist vor der ärgsten Denunziation nicht sicher, wie jener, die unlängst an die Adresse der US-Nachrichtendienste ging: „Sind wir in Nazi-Germany?“ So haben sich die Trumps damals gegen „Gestapo-Verhöre“ verwahrt.

Charakteristisch für Trumps Sprechakte ist der Cocktail aus verbalen wie nicht verbalen Elementen, und ebenso extrem polar arrangierte Äußerungen. Schilderte er den Zustand Amerikas, wie in seiner Ansprache zur Inauguration, als eine Art ökonomische und moralische Schrotthalde, Armenhaus der Betrogenen, Irrenhaus der Ungebildeten und Räuberhöhle der Eliten, so schloss er an diese waghalsige Übertreibung das Versprechen an, mit ihm werde sich, quasi als Heilmittel für alle Übel, glorios „America first“ durchsetzen.

Mit der ostinaten Wiederholung solcher Behauptungen hämmert der Redner an die Türen der säumigen Zahler, die endlich Zölle, Gebühren und Abgaben zu leisten hätten, und er hämmert dem Publikum ein, dass er einen Pakt mit ihm schließt: Ich für euch, als der König der Geldeintreiber. Ich, als derjenige, der euch das Pack vom Leib hält.

Kurze Aussagesätze, düstere Drohungen

Trumps Rede zu seiner Nominierung als Präsidentschaftskandidat am 16. Juni 2016 im Atrium des Trump-Towers in Manhattan, war ein schlagendes Beispiel für seine Akkumulation verbaler Strategien: „Wenn Mexiko seine Leute schickt, dann schicken sie nicht die Besten, sie schicken nicht ihre Besten her. Sie schicken nicht euch. Sie schicken nicht euch. Sie schicken Leute mit haufenweise Problemen, diese Probleme bringen die mit. Die bringen Drogen. Die bringen Kriminalität. Es sind Vergewaltiger.” Als hätte er die vage Befürchtung, zu weit gegangen zu sein, wie zur Besänftigung derer, die das ahnen könnten, fügte er an: „Und einige, nehme ich an, sind gute Leute.“

Kurze Aussagesätze, düstere Drohungen, pochende Wiederholungen erreichen das Ohr des „Ihr“. Identifiziert mit dem „Ihr“, dessen Anwalt und Fürsprecher ist das „Ich“ des Redners. So summieren sich Ich und Ihr von ganz allein zum Wir, entstanden ist die Juxtaposition „Wir gegen die Anderen“. Je teuflischer das „Ihr“ portraitiert wird, desto mehr Grandiosität erlangt, allein durch die Gegenüberstellung, das „Wir“. Noch der bitterarme Traktorist oder die triste Büroangestellte können sich dem grandiosen „Wir“ zugesellen.

Auch wenn dialogische, reflexive Elemente durchgängig fehlen, wäre es verfehlt, dem Sprachduktus dessen, der das Weiße Haus wie ein Hijacker erobert hat und „America great again“ machen will, die Fähigkeit zur Kommunikation abzusprechen. Denn er kommuniziert hervorragend.

Er ist der Mann von Welt, den Jimmy oder Joey zufällig nachts an der Bar treffen. Sie lauschen seinem teils gemurmelten, irgendwie dahingesagten Monolog-Galopp, der sie an ihren eigenen, einsamen Argwohn erinnert, an ihre beunruhigten Selbstgespräche, die so oft ratlos enden mit: „There’s something going on...“ Dann lauschen sie seinen tosenden Prophezeiungen, den Aussichten, die er für sie an den Horizont malt. Dieser Typ, anders als sie selber, weiß, wo es langgeht. Er holt sie aus der Einsamkeit, ganz ohne Dialog. Er ist der, der ihnen ihr Wir gibt. So geht da etwas vor sich.

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