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Kultur: Die Ungleichen

Der Dokumentarfilm „Godard trifft Truffaut“

Sie waren annähernd gleich alt und begannen auch als Filmkritiker und Regisseure fast parallel. Wie auch der Rest der Truppe um die „Cahiers du Cinéma“ half und unterstützte man sich ideell und materiell gegenseitig. Nach seinem Regiepreis in Cannes für „Sie küssten und sie schlugen ihn“ 1959 griff François Truffaut dem Freund Jean-Luc Godard, der als Einziger der Truppe noch keinen eigenen Film vorweisen konnte, sogar mit einem alten Exposé unter die Arme – und schon bald mischte Godards „Außer Atem“ provokant die Filmwelt auf. Und die Nouvelle Vague, die weltweit die Kinematografie revolutionierte, hatte mit dem Gangstermärchen ums Gangsterpärchen ihr plakatives Markenzeichen. Erst der Aufbruch von 1968 führte zum Zerwürfnis zwischen dem Schweizer Großbürgersohn Godard und dem Ex-Heimzögling Truffaut. Während Godard immer radikaler wurde und zeitweise ganz mit dem Filmemachen aufhörte, eiferte Truffaut seinen Vorbildern Jean Renoir und Hitchcock nach und blieb bis zu seinem frühen Tod 1984 dem Erzählkino treu. Eine Versöhnung gab es nie.

Jetzt kommt die Beziehungsgeschichte der beiden Cineasten ins Kino. Dabei zentriert Regisseur Emmanuel Laurent in „Godard trifft Truffaut – Deux de la vague“ (OmU im Babylon Mitte und in der Brotfabrik) seine Schilderung von Freundschaft und Entfremdung um einen Dritten: Jean-Pierre Léaud arbeitete mit beiden Regisseuren zusammen, wurde aber in der Dauerrolle des Antoine Doinel zusehends zum filmischen Alter Ego Truffauts. Eine schöne Szene markiert den Anfang dieser Beziehung: Léaud brilliert beim Vorsprechen für „Sie küssten und sie schlugen ihn“ mit zurückhaltend selbstbewusstem Charme – und gewinnt. Schwächen der Doku sind die vielen nicht gekennzeichneten Filmausschnitte und mitunter geschwätzigen Kommentare; Kenner wiederum dürften den Mangel an filmhistorischer und begrifflicher Präzision beklagen. So bleibt „Godard trifft Truffaut“ bloß ein filmisches Coffeetable-Book, allerdings ein reichhaltig illustriertes.Silvia Hallensleben

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