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Kultur: Die Union und die Gentechnik: Wer C sagt

"Gehet hin und wählet CDU", klang es früher von der Kanzel, damals als nicht nur das Wort des Herrn sondern auch des Dorf-Pfaffen noch Gewicht hatte. Ganz so explizit habe sein Pfarrer aus dem Bergischen Land in den 50ern und 60ern nicht zur Union-Wahl aufgerufen, sagt Fraktionsvize Wolfgang Bosbach (CDU).

"Gehet hin und wählet CDU", klang es früher von der Kanzel, damals als nicht nur das Wort des Herrn sondern auch des Dorf-Pfaffen noch Gewicht hatte. Ganz so explizit habe sein Pfarrer aus dem Bergischen Land in den 50ern und 60ern nicht zur Union-Wahl aufgerufen, sagt Fraktionsvize Wolfgang Bosbach (CDU). Aber der Hinweis, man solle bei der Stimmabgabe ja die christlichen Werte berücksichtigen, habe es schon gegeben. Die Gemeinde hat dann immer genickt: "Wir haben verstanden!"

Heute sagen vor allem katholische Geistliche andere Dinge. Der Berliner Kardinal Georg Sterzinsky etwa, der kritisierte, die katholische Kirche könne die C-Parteien nicht mehr als ihre Parteien ansehen. Jetzt fragen sich auch einige in der Union: Wie wichtig sind uns die Kirchen noch? Brauchen wir noch das C in unserem Namen? "Die Welt" witzelte: "Wer würde DU wählen?"

Merkel macht sich wenig Sorgen

Hermann Kues sicher nicht. Der kirchenpolitische Sprecher der CDU-Fraktion im Bundestag sieht seine Partei vor einer "ganz zentralen Frage", weil das künftige Verhältnis zu den christlichen Kirchen eine "hohe strategische Bedeutung" hat. Umfragen zeigen, dass sich nach wie vor eine große Mehrheit aktiver Christen der Union verbunden fühlt. Allein deshalb gebe es gute Gründe für die Union, an den christlichen Werten festzuhalten, sagt Kues. Entscheidend sei, ob es ihr gelingt, das C in den einzelnen Sachfrage plausibel zu übersetzen.

Weniger Sorgen macht sich die protestantische Parteichefin Angela Merkel. "Das Verhältnis ist aus meiner Sicht gut." Das zeige sich unter anderem an den entscheidenden Stellen in der Familienpolitik oder an der konservativen Haltung der CDU zur Prostitution. Allerdings soll auch Merkel sich über die Aussage des Berliner Kardinals geärgert haben. Am Sonntag kündigte sie ein baldiges Treffen mit der Katholischen Bischofskonferenz an, bei dem auch die Sterzinsky-Äußerung zur Sprache kommen soll.

Von der geistlichen Pauschalkritik an seiner Partei hält auch Bosbach wenig. "Die sollen uns endlich mal konkret sagen, was sie gerne hätten", fordert der Fraktions-Vize. Es sei normal, dass eine Volkspartei im politischen Wettbewerb öfter Kompromisse eingehen müsse als die Kirche. Auch Kues findet die Kardinal-Kritik "etwas ungerecht" und verweist darauf, dass die Union sich in vielen Sachfragen viel stärker für die Interessen der Kirche einsetze als andere Parteien: beim Religionsunterricht an Schulen, bei der Beibehaltung der staatlich eingezogenen Kirchensteuer oder bei der Einrichtung theologischer Fakultäten an Hochschulen.

Furcht vor den Grünen

CDU-kritische Stimmen aus der Kirche galten in den vergangenen Tagen vor allem der uneinheitlichen Haltung der Partei zur Gentechnik. "Die Kirche soll nicht so tun, als würde sie bei allen wichtigen Fragen wie ein monolithischer Block dastehen", kontert Bosbach. Trotzdem fürchtet auch er, dass ein Teil der christlichen Klientel tatsächlich einmal wegbrechen könnte. "Aber ich sehe nicht, dass das jetzt schon passiert ist."

Ausgerechnet die Grünen, versuchen nun, der Union das christliche Wasser abzugraben. Die CDU-Bundestags-Abgeordnete Marie-Luise Dött warnte ihre Partei, sie sei auf bestem Wege, die christlichen Wähler den Grünen in die Arme zu treiben, weil sie in der Gendebatte eine eindeutige Stellungnahme für das ungeborene Leben vermissen lasse. Kues sieht die Grünen hingegen in der Biopolitik als "natürlichen Bündnispartner" der Union. Die Hauptgefahr beim Buhlen um christliche Klientel seien nicht die Grünen, sondern die Gleichgültigkeit, mit der einige Parteikollegen die christlichen Positionen behandeln. Deshalb habe die Partei Probleme, diese scharf genug zu formulieren.

Markus Feldenkirchen

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