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Kultur: Die Unverblümte

Begegnung mit der neuen Kulturstaatsministerin Christina Weiss

Irgendwann verheddert sie sich doch. Ist ja auch nicht einfach, die Eventkultur von der guten, wahren, schönen Kultur zu unterscheiden. „Die drei Tenöre“, sagt Christina Weiss. Und dass nur wirkliche Kunst wirklich berührt. Und, Stichwort Utopie: Eine Gesellschaft muss über sich selbst nachdenken – deshalb sei Kultur überlebenswichtig.

Seit zwei Wochen ist Weiss Kulturstaatsministerin. Eine kurze Amtszeit: zu kurz, um auf dem Glatteis spitzfindiger ÄsthetikDebatten bereits formvollendete Pirouetten zu drehen. Die Stärke der „Neuen“ erweist sich bei ihrem ersten Berliner Journalistengespräch in der sympathischen Geradlinigkeit ihrer Äußerungen. Weiss, die Unverblümte: Dass die Kultur im Koalitionsvertrag so kurz kommt, hat sie „befremdet“. Weiss, die Kämpferin: Eichels Versuch, die steuerliche Abzugsfähigkeit von Spenden zu streichen, musste vom Tisch. Andernfalls hätte sie ihr Amt nicht angetreten. Die Klausel von der Kulturverträglichkeit neuer Gesetze begrüßt sie deshalb um so mehr: Auf solcher Plattform könne man kämpfen. Aber Kämpfe brauchen Zeit. Die „Tradition“ kurzer Amtszeiten will sie nicht fortsetzen: „Ich habe mir vier Jahre vorgenommen. Ich bleibe dran.“

Die Reform der Filmförderung und der Deutschen Welle. Europas Kulturdialog. Die Profilierung der Bundeskulturstiftung. Mehr Bürgerengagement: Projekte, die Weiss nach Naumann und Nida-Rümelin fortführen will und über die sie sich so zutreffend wie noch vage äußert. Bei der Berlinfrage wird Hamburgs ehemalige Kultursenatorin, die gerade eine Wohnung „auf halber Strecke zwischen Mitte und Prenzlauer Berg“ bezieht, um so deutlicher. Sicher könne die Hauptstadt drei Opernhäuser vertragen, aber für überzogene Ansprüche hat sie kein Verständnis. Eine „Staats-Staatsoper“ werde es nicht geben: Die Übernahme einzelner Institutionen durch den Bund sei so wenig eine Lösung wie das Zauberwort Fusion.

Kulturföderalismus sei eine großartige Sache. Ihre Bereitschaft zur „strategischen Partnerschaft“ mit Berlin bekräftigt Weiss dennoch. Für ein vorübergehendes, auch finanzielles Krisenmanagement zugunsten einer Strukturreform der Berliner Bühnenlandschaft sei sie durchaus zu haben. Dabei müsse es zunächst ums Ganze gehen: um Auslastung, Publikumsschichten, Rechtsformen, Spielpläne, Kooperation. Und dann erst um die Frage, wer die Sanierung der Staatsoper finanziert. Die Gespräche darüber, mit den Intendanten und mit Kultursenator Flierl, stehen allerdings noch aus.

Ach, sagt sie noch, als vom Berliner Stadtschloss die Rede ist. Ich bin eine Rekonstruktionsgegnerin. Aber die Entscheidung über die historische Fassade ist bereits gefallen. Einen Moment lang wirkt Christina Weiss betrübt. Schon dumm, dass es Schlachten gibt, die vor ihrer Zeit geschlagen wurden. chp

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