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Kultur: Die Wiederkäufer

Ein

von Christina Tilmann

In Roland Emmerichs „The Day After Tomorrow“ haben sie Bücher verbrannt, fast die ganze New York Library. Nur bei der GutenbergBibel war Schluss. Literatur als letzter Schutzschild vor der globalen Klimakatastrophe: Da blutet nur das Herz des Archivars.

In der Boomzeit haben sie ganze Vermögen verbrannt. Auch Verlage sind an die Börse gegangen, mit mäßigem Erfolg. Die Hoffnung, sich mit dem E-Book vom Druck und Handel zu emanzipieren, wurde enttäuscht: Die Kunden wollen ein Buch in der Hand, gebunden und fest.

Währenddessen sind Großstädter längst auf die Idee gekommen, Bücher zu tauschen. Legen sie irgendwo aus, mit Stempel drin, verstecken im Internet einen Hinweis, und wer’s findet, ersetzt das Buch durch ein anderes. Oder, andere Aktion, ganze Städte lesen ein Buch, in Potsdam war’s Bernhard Schlinks „ Vorleser“ , da geht es übrigens um Analphabetismus.

Meldung von heute: Den 1200 deutschen Antiquariaten geht es gut; gegen den Trend verzeichnen sie fürs erste Quartal 2004 2,6 Prozent mehr Umsatz als im Vorjahreszeitraum. Sie profitieren – eigentlich von allem. Von der Treue ihrer bibliophilen Kunden, die lieber im Laden stöbern als im Internet zu kaufen. Vom Boom der Internet-Portale wie Amazon oder E-Bay, weil’s das Geschäft belebt. Vom Niedergang der Buchbranche, weil in den ehemaligen Buchläden noch mehr Antiquariate aufmachen. Vor allem vom Spartrieb der Leser: Da trägt so mancher nicht nur sein letztes Hemd zu Markte, sondern auch sein letztes Buch. Und kauft lieber ein neues mit Eselsohr, weil’s billiger ist. Buchstaben können vielleicht brennen, aber sie nutzen sich nicht ab.

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