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Kultur: Die Wiege, eine Bahre

Sie sollen die Wiege unseres modernen Konzertwesens gewesen sein: die Bach-Abel-Concerts. In jedem Fall ist der Name der Konzertreihe noch heute legendär, die der Gambist Carl Friedrich Abel und der jüngste Bach-Sohn Johann Christian von 1765 bis 1782 auf Subskriptionsbasis in London veranstalteten.

Sie sollen die Wiege unseres modernen Konzertwesens gewesen sein: die Bach-Abel-Concerts. In jedem Fall ist der Name der Konzertreihe noch heute legendär, die der Gambist Carl Friedrich Abel und der jüngste Bach-Sohn Johann Christian von 1765 bis 1782 auf Subskriptionsbasis in London veranstalteten. Was könnte spannender sein, als eines dieser Epoche machenden Konzerte nachzustellen? La Stagione Frankfurt unter Michael Schneider, namhafte Experten für die Musik des 18. Jahrhunderts, haben es im Kleinen Saal des Konzerthauses versucht. Wenn sie dabei auf Probleme stießen, dann mindert es nicht die anregende Wirkung des Experiments.

Problem Nummer eins: Es ist keine exakte Programmfolge eines Bach-Abel-Concerts überliefert, sondern nur das Repertoire. Bei der Rekonstruktion war man viel zu vorsichtig - Erkenntnisgewinn wie ästhetische Provokation bei Konzertprogrammen des 18. Jahrhunderts liegen für den heutigen Hörer in ihrer herausfordernden Länge sowie ihrer quietschbunten Mischung aus Konzerten, Sinfonien, Kammermusik und Arien. Dies spiegelte sich in dem Programm nur im Ansatz wider. Problem Nummer zwei: Der Showeffekt. Zwar hatte man zwei Arien von Abel und Michele Mortellari im Programm: Zum Mezzosopran treten hier Partien für den Jahrhundertvirtuosen Abel auf der Gambe und Bach am Hammerklavier hinzu. Doch mehr als geschmackvolles Geplänkel entstand an diesem Abend daraus kaum; an dem herben Kontrast zwischen Julianne Borsodis leichtem, aber nicht singendem Gambenton und Anke Vordungs kontrolliertem, aber im Vergleich aufdringlichem Vibrato merkte man es: Die Interpreten hatten keinen gemeinsamen Zugang gefunden zu diesem duftig leichten wie brutal durchsichtigen Repertoire. Den fand erst Karl Kaiser mit singvogelhaft delikatem Ton in Bachs Flötenkonzert und schließlich Michael Schneider in einer deftigen Sturm-und-Drang-Interpretation von Bachs Sinfonie in g-Moll. Doch dieses Ausnahmewerk ist kaum typisch für den Geist der Bach-Abel-Concerts. Und das war wohl Problem Nummer drei.

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