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Kultur: Die Zeit des gestorbenen Damals

Photographien von Gundula Schulze im Großen WasserspeicherVON RONALD BERGSethos I., eine hagere aristokratische Gestalt, die Mundwinkel etwas herabgezogen, die Haut ledern, die Haare längst verschwunden, die Ohren wie zu einem Klumpen verwachsen, der Hals schrumpelig.

Photographien von Gundula Schulze im Großen WasserspeicherVON RONALD BERGSethos I., eine hagere aristokratische Gestalt, die Mundwinkel etwas herabgezogen, die Haut ledern, die Haare längst verschwunden, die Ohren wie zu einem Klumpen verwachsen, der Hals schrumpelig.Kein Wunder: Der ägyptische Pharao ist bereits seit ein paar tausend Jahren tot.Es stimmt schon, was Roland Barthes gesagt hat: Die Photographie hat mit dem Tod zu tun.Doch heißt das nicht, daß man deshalb Tote photographieren müßte, Mumien oder Friedhöfe, wie es Gundula Schulze in letzter Zeit getan hat.Es verhält sich vielmehr genau umgekehrt: Die Photographie mortifiziert das lebende Objekt, der Akt des Photographierens setzt den lebendigen Augenblick unwiederbringlich ins Vergangene.Jede Photographie zeigt die Zeit des gestorbenen Damals - die Photographie selbst mumifiziert ihre Objekte.Was passiert nun aber, wenn die Schulze eine Leiche photographiert, wenn nach Jahrtausenden die unsterbliche Hülle wieder ins Licht gesetzt wird? Kommt es zur Auferstehung, werden sie wieder lebendig? Nun, das kommt wohl auf die Einstellung an.Für Gundula Schulze jedenfalls ereignet sich am Ausstellungsort, dem Großen Wasserspeicher, vom Grundriß mit seinen konzentrischen Kreisgängen "ähnlich einem Mandala", etwas Heiliges, etwas wie in der großen Pyramide, "das weit über die Grenzen des menschlichen Bewußtseins hinausgeht".Zu weit, um Gundula Schulze nach ihrer ägyptischen Verwandlung in "Schulze Eldowy" da noch folgen zu können.) Belforter Straße, bis 21.Mai.Dienstag bis Freitag 16 - 20 Uhr.

RONALD BERG

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