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Kultur: Diese Woche auf Platz 82 Massive Attack „100th Window“

HITPARADE Zwölf Jahre sind vergangen seit „Blue Lines“, jenem Klassiker, mit dem die Neunzigerjahre erst richtig begannen. Massive Attack kamen damals beinahe aus dem Nichts.

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Zwölf Jahre sind vergangen seit „Blue Lines“, jenem Klassiker, mit dem die Neunzigerjahre erst richtig begannen. Massive Attack kamen damals beinahe aus dem Nichts. Um genau zu sein: aus Bristol. Zwar hatte das Kollektiv aus DJs und MCs, das „Wild Bunch Soundsystem“, zuvor schon viele Partys veranstaltet, aber nach ihrem ersten Hit „Daydreaming“ schlug Massive Attacks Mischung aus HipHop, Dub und Soul auch bei den Medien ein. Horden von Journalisten reisten nach England, um die Zukunft der Popmusik in Bristol zu suchen.

Der Sound von Massive Attack bestand damals neben den hervorragenden Vokalisen von Shara Nelson und dem Reggae-Veteranen Horace Andy vor allem aus den Downtempo-Beats des Trios Daddy Gee, 3D und Mushroom. Auch ein Kerl namens Tricky gehörte damals dazu. Massive Attack bedienten sich ungeniert bei Aufnahmen von Billy Cobham oder Wally Baradou. Aber das ist alles längst Geschichte. Ebenso wie die Namensänderung während des ersten Golfkriegs, als sie das Wort Attack aus ihrem Namen strichen – aus Furcht, nicht im Radio gespielt zu werden.

Diesen Fauxpas hat man ihnen nachgesehen. Leider aber suchten sie ihre musikalische Heimat zunehmend in stadionformatigem Gitarrengebratze und überwarfen sich untereinander. In der aktuellen Ausgabe bestehen Massive Attack nur noch aus einem Mitglied, 3D, bürgerlich: Robert Del Naja. Sein verbliebener Kollege Daddy Gee nahm eine Babypause. Was auf „100th Window“ zu hören ist, wirkt nur noch wie eine leere Hülle. Das Sounddesign erinnert noch an die fernen Hochglanztage, in denen ihre Alben zwei bis drei Millionen Mal verkauft wurden. Trotzdem: die Luft scheint raus aus Massive Attack. Das Publikum hat’s auch gemerkt.

Ralph Geisenhanslüke

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