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Ortstermin. Dieter Rosenkranz in der Kunsthalle.

© picture-alliance /Schroewig

Dieter Rosenkranz: Lasst viele Künstler um mich sein

Er liebt Malerei, Mathematik und Maschinen. Ohne ihn hätte es keine Ausstellungen auf dem Schlossplatz gegeben: Eine Begegnung mit dem Mäzen Dieter Rosenkranz.

Vor acht Jahren kam er nach Berlin, aus Wuppertal. Kennt man ihn in der Stadt? Wahrscheinlich ist es erst das anspruchsvolle Unternehmen der Kunsthalle gewesen, das Dieter Rosenkranz eine größere Bekanntheit verschafft hat. Dabei gehören er und seine Frau Si seit langem zu den Gästen von Vernissagen und Konzerten. In zahlreichen Museen der Stadt gibt es Werke aus seiner Sammlung. Die „Stiftung Zukunft Berlin“, die unter der Führung des früheren Kultursenator und Partner-für-Berlin-Chefs Volker Hassemer unentwegt dabei ist, der Zivilgesellschaft in Berlin auf die Beine zu helfen, gäbe es ohne ihn nicht. Kurz: Dieter Rosenkranz ist vermutlich die unbekannteste bekannte Figur im Kulturleben und Stiftungswesen Berlins.

Was ihm recht ist: Rosenkranz ist eher spröde, macht wenig Worte, ist kein beredter Interpret seiner selbst und seiner Aktivitäten. Dabei hat er eine präzise, anspruchvolle Auffassung von öffentlichem Engagement. Freunde führt er auf den jüdischem Friedhof in Weißensee: „Hier liegt unsere Kultur begraben.“ Obzwar selbst kein Jude, fühlt er sich der Welt der jüdischen Sammler und Mäzene verbunden. Also einem der großen Erbteile dieser Stadt, das in den letzten Jahren wieder in den Gesichtskreis gerückt ist, zumal in der Gestalt von James Simon, dem legendären Sammler und Stifter. Zu seinem bescheideneren Teil versteht Rosenkranz seine Tätigkeit als Beitrag, die Lücke, die da entstanden ist, wenigstens in Ansätzen zu schließen.

Da mag man auch sein Vergnügen verstehen, dass sein Vater ein Baumwollgarnhändler in Berlin war – wie Simon, dessen Vermögen aus dem Baumwollhandel stammte. Ob sich die beiden gekannt haben? Es würde ihm gefallen. Zumindest teilte der Vater mit James Simon das Schicksal des Niedergangs in der Weltwirtschaftskrise. Er kehrte deshalb zurück in seine Vaterstadt Wuppertal und aus dem 1925 in Berlin geborenen Dieter Rosenkranz wurde ein Wuppertaler.

Den Weg zurück – im weitesten Sinne – hat Rosenkranz’ Passion für die Kunst eröffnet. Er wollte an dem Ort leben, der heute weltweit als „der ideale Standort zumal für junge Künstler gilt“. Denn er liebt den Umgang mit Künstlern, weil er nicht programmatisch sammelt, sondern aus dem Gefühl heraus, geleitet von der unmittelbaren Begegnung.

Kunst ist für ihn auch deshalb wichtig, weil sie eine Sache der Leidenschaft ist, aber nicht alles. Sie ist für ihn – eine plötzliche Heiterkeit springt auf im schmallippigen Gesicht – das Gegen-Lebensprogramm. Seine Büroräume haben, Wand für Wand, Werk für Werk, den Charakter einer Galerie, aber sie beherbergen auch einen erfolgreichen Geschäftsmann und Unternehmer. Dieter Rosenkranz hat nicht Kunstgeschichte, sondern Maschinenbau studiert, und es nie bereut. Er liebt, so bekennt er, Mathematik und Maschinen.

Und hatte es eilig, die Hochschule mit dem Geschäftsleben zu tauschen: Noch vor dem Examen an der TH Stuttgart stieg er ins väterliche Unternehmen ein, leitete als ganz junger Mann eine Maschinenfabrik, baute dann einen Konzern auf, um ihn schließlich, als es mit dem Textilmaschinenbau zu Ende ging, gut zu verkaufen. Firmenauf- und Zukäufe, Sanierungen, Geschäftsführung da, Aufsichtsrat dort, eingeschlossen den Kampf mit „Heuschrecken“ – auch in dieser Welt ist er ganz bei sich selbst. Noch mit 70 Jahren hat er eine Fabrikation für Spritzgussprodukte errichtet. Von der Firma in einem kleinen Dorf im Schwarzwald, mit der er zum Weltmarktführer für Druckventile an Sprayfläschchen geworden ist – und zusammen mit der amerikanischen Schwesterfirma die Großen beliefert, von L’Oréal bis Procter and Gamble –, spricht er wie von einer sentimentalen Affäre.

Es erweitert den Spannungsbogen noch, aus dem dieser Sammler und Mäzen lebt, dass seine Wurzeln im calvinistischen Milieu seiner Heimatstadt liegen. Man darf also an Max Weber denken – und darüber staunen, dass auf diesem nüchternen, bilderflüchtigen Boden eine Leidenschaft für die Kunst gewachsen ist. Kommt daher, so fragt sich Rosenkranz selbst, sein Vergnügen an Farbe und expressiver Form? Jedenfalls hat diese Herkunft ihn geprägt, in verschärfter Form. In der Barmen Gemarke, der Kerngemeinde der Bekennenden Kirche im Dritten Reich, ist er konfirmiert worden, unter dem Einfluss dieser strengen Religiosität ist er aufgewachsen. Von daher rührt aber auch die Verbindung zu Johannes Rau: Rosenkranz saß im Beirat des Verlags, den der spätere Bundespräsident in Wuppertal leitete, Christina Rau ist Mitglied des Rates der „Stiftung Zukunft Berlin“.

Die Gestalt dieses Sammlers und Mäzens ist nicht ohne seine Frau Si zu denken. Die Kauffrau war in 45 Ehejahren nicht nur, vermutlich, das Gleichgewichtsorgan dieser Partnerschaft. Es ist das Bild eines Zusammenlebens, das ein Zusammenwirken ist. An einem Bild, das die Fotografin Ursula Kelm von beiden gemacht hat mag man es ablesen: eine leise Berührung der Hände, er empfindlich nach vorn blickend, sie ruhig-bestimmt und ein Gran zurückgenommen an seiner Seite.

Dieter Rosenkranz wird nach dem Auslaufen des Kunsthallen-Projekts seine mäzenatischen Aktivitäten übrigens in eine andere Richtung lenken. Er will sich künftig verstärkt sozialen Aufgaben widmen. In erster Linie dem „Campus Rütli“, mit dem die „Stiftung Zukunft Berlin“ in Neukölln an eben der Schule, die seinerzeit zum Fanal für katastrophale Verhältnisse wurde, ein Signal für die Arbeit in einer Problemregion gesetzt hat. Rosenzweig hat zum Beispiel das Ziel, für jedes Kind ein Instrument bereitzustellen. Auch damit ist er auf der Spur von James Simon: auch dieser verwendete seinerzeit den größeren Teil seiner Spenden auf soziale Aufgaben, auch und nicht zuletzt für die musische Bildung.

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