zum Hauptinhalt
Claudio Abbado

© dpa

Dirigent Claudio Abbado: Immer noch auf Entdeckungsreise

Claudio Abbado wird im Mai in Berlin erwartet. Der ehemalige Chefdirigent der Berliner Philharmoniker kommt direkt aus Italien, wo er gerade zwei von ihm selber gegründete Orchester auf eine Tournee geführt hat.

Wenn Claudio Abbado einmal pro Saison zu den Berliner Philharmonikern zurückkehrt, die er von 1989 bis 2002 als Chefdirigent leitete, hat er stets Überraschungen im Gepäck. Mit seinem langjährigen Freund, dem Pianisten Maurizio Pollini, war er zwar erst vor drei Jahren in der Waldbühne zu erleben – doch die beiden haben noch nie gemeinsam Mozarts G-Dur-Klavierkonzert Nr. 17 aufgeführt. Das holen sie jetzt an drei Berliner Abenden vom 13. bis 15. Mai nach. Für Bergs "Lulu-Suite" und Mozart-Arien holt Abbado zudem die aufstrebende junge Sopranistin Anna Prohaska an seine Seite.

Selbst mit Mahler kann der Italiener bei seinem früheren Orchester erstaunlicherweise noch eine Premiere feiern. Zum ersten Mal dirigiert er in Berlin das Adagio aus der unvollendeten Zehnten Sinfonie, und zwar auch in einem Sonderkonzert zu Mahlers 100. Todestag am 18. Mai, das von ARTE live übertragen wird. Beim "Lied von der Erde" wird mit Anne Sofie von Otter und Jonas Kaufmann eine hochkarätige Solistenbesetzung aufgeboten.

Auch in seiner Heimat Italien ist Abbado nach wie vor unermüdlich als Initiator neuer Orchesterprojekte tätig. Unlängst brachte er zum ersten Mal sein Orchestra Mozart und das von ihm mitbegründete Mahler Chamber Orchestra zusammen. Zwei erstklassige Formationen, die ganz im Sinne Abbados auch in größerer Besetzung transparente, durchhörbare Kammermusik machen.

Beim Auftaktkonzert in Ferrara war die Bühne des kleinen historischen Logentheaters bis auf den allerletzten Winkel besetzt. Martha Argerich glänzte als Solistin in Ravels G-Dur-Klavierkonzert, das sie unter Abbado bereits 1967 mit den Berliner Philharmonikern aufgeführt und eingespielt hatte. Wie vertraut sich beide Künstler seit langem sind, ließ sich nicht nur am perfekten Zusammenspiel, sondern auch an Blicken und kleinen Gesten ablesen. Versonnen und doch hochkonzentriert lehnte sich der Dirigent an den Flügel zurück, um der langen Kantilene des Soloklaviers zu Beginn des Adagio assai zu lauschen.

Auf dem Programm stand auch ein Stück, das bei Abbado besondere Kindheitserinnerungen weckt: Wie er selbst gern erzählt, besuchte er mit sieben Jahren die Mailänder Scala, wo ihm der Dirigent Antonio Guarnieri mit Debussys Nocturnes ein musikalisches Erweckungserlebnis bescherte. In dem Moment sei ihm bewusst geworden, dass er diese Magie selbst nachschaffen wollte. Ebenso inspiriert folgten ihm das MCO und das Orchestra Mozart auch bei Ravels Pavane und Debussys La Mer.

Die Konzertmeister beider Orchester - Gregory Ahss und Raphael Christ – wechselten sich am ersten Pult ab. Längst sind sich die Musiker nicht mehr fremd. Schließlich spielen die meisten von ihnen schon seit Jahren im Sommer in Abbados Lucerne Festival Orchestra. Vom Maestro hoch geschätzte Solisten wie der Trompeter Reinhold Friedrich, der Flötist Jacques Zoon, die Bratscherin Danusha Waskiewicz, der Hornist Alessio Allegrini und der Oboist Lucas Macías Navarro waren in Ferrara und an den weiteren Tourneeorten Bologna, Reggio Emilia und Rom ebenfalls mit von der Partie.

Der 26-jährige Venezolaner Diego Matheuz, Abbados Zögling und inzwischen erster Gastdirigent des Orchestra Mozart, leitete ein weiteres Programm mit Werken von Ravel, Strawinsky sowie dem ersten Violinkonzert von Prokofjew mit Vadim Repin.

Abbado konzipierte die Konzerte als "Vorspiel" zu einer Ausstellung über Pariser Kunst der klassischen Moderne, die im Herbst in Ferrara eröffnet wird. Damit setzte er die interdisziplinären Projekte fort, die er in seinen Berliner Jahren als Themenzyklen realisierte.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false