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Kultur: Diva gut

Anne-Sophie Mutter in der Philharmonie.

In der Klassikbranche wird sie schlicht ASM genannt. Eine etwas spröde Abkürzung, die sich, je nach persönlicher Einstellung zu dieser Jahrhundertkünstlerin, vielseitig übersetzen lässt. Als „auratische Schöne der Musik“ beispielsweise, als „allumfassende Stil-Meisterin“ oder auch mit „allzu seidige Manierismen“.

Bei Anne-Sophie Mutters Auftritt am Mittwoch in der Philharmonie sind die billigen Plätze und Block A voll besetzt, in den mittleren Preiskategorien aber zeigen sich, nanu?, unübersehbare Lücken. Pech für die Daheimgebliebenen, denn an diesem Abend ist die 48-Jährige durchweg als leidenschaftliche, mitreißende Interpretin zu erleben. Sensationell, wie sie das neueste Stück des Programms zum sinnlichsten Erlebnis macht. Witold Lutoslawskis „Partita“ von 1984 hat hier keine Alibifunktion, sondern ist der Geigerin wirklich eine Herzensangelegenheit, die sie mit enormer Präsenz als Erzählung ohne Worte gestaltet.

Natürlich hat ASM auch diesmal wieder Lambert Orkis dabei, der ihr seit Menschengedenken als Klavierbegleiter dient. Ein netter Kerl, zweifellos, ein flinker Tastendrücker, doch kein ebenbürtiger Partner für die Solistin. In Mozarts 1781er Violinsonate erschreckt sie zu Beginn manchen Verehrer mit einem klagenden, bewusst unrunden Ton. Der brave Mr. Orkis aber geht nicht auf den dramatischen Zugriff ein, sondern hält sich dezent im Hintergrund – ganz gegen den Geist dieser auf Gleichberechtigung der Spieler angelegten Komposition. Auch den mysteriösen Beginn von Schuberts C-Dur-Fantasie vermurmelt er, obwohl der Pianist gerade hier atmosphärische Akzente setzen müsste.

Ganz rund läuft’s, wenn Orkis nur das Hintergrundgeräusch für Anne-Sophie Mutters Virtuosität zu liefern braucht. Elegantissimo funkelt sie sich durch Saint-Saens’ Opus 75. Am Ende dann drei Zugaben und ASM: Applaus, stürmisch, minutenlang. Frederik Hanssen

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