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Doku über Kindersoldaten in Uganda: Von den Grenzen moralischer Verantwortung

Schuldfragen: Jonathan Littells Dokumentarfilm „Wrong Elements“ begleitet ehemalige Kindersoldaten, die versuchen, wieder in der zivilen Gesellschaft Fuß zu fassen.

Die in den postkolonialen Kriegen Zentralafrikas gewaltsam rekrutierten Kindersoldaten sind ein drohendes Gegenbild zum westlichen Programm unschuldiger Kindheit und stellen emblematisch verdichtet die Frage nach der individuellen Verantwortung gegenüber der Gesellschaft. Jonathan Littell widmet sich in seinem Dokumentarfilm „Wrong Elements“ der sogenannten Lord’s Resistance Army des Milizenchefs Joseph Kony, der seit 1989 im Norden Ugandas im Namen einer radikal-christlichen Heilsbotschaft mit äußerster Brutalität gegen das eigene Volk vorgeht. Mehr als 60 000 entführte Jugendliche wurden in Dschungelcamps zu Kämpfern ausgebildet. Nicht einmal die Hälfte von ihnen kehrte später zurück.

Vier solcher aus Konys Lagern entflohener Jugendlicher stehen im Zentrum des Films: Geofrey und sein Freund Michael, die sich als Moped-Taxifahrer durchschlagen. Lapisa musste länger als alle anderen im Busch ausharren, zwölf Jahre. Und Nighty, die ein von „Boss“ Kony gezeugtes Kind zur Welt gebracht hat. Jetzt versuchen sie wieder Fuß zu fassen im zivilen Leben. Oft aber lässt ihr Gelächter an den scheinbar unpassendsten Stellen die Fragilität der rehabilitierten Existenzen aufscheinen.

Der Film bleibt politisch vage

Littell, der mit seinem kontroversen SS-Roman „Die Wohlgesinnten“ für Aufsehen sorgte, hat als ehemaliger NGO-Mitarbeiter bereits Erfahrungen in Krisengebieten gesammelt. Littells erster Dokumentarfilm teilt mit seiner literarischen Arbeit ein Interesse an den Grenzen moralischer Verantwortung. Dazu stellt er den straffrei in die Gesellschaft wiederaufgenommenen Jugendlichen mit Dominic Ongwen einen anderen Opfer-Täter gegenüber, der als ehemaliger Kindersoldat hoch in den LRA-Rängen aufstieg und sich 2015 dem Militär stellte. Littells Crew filmt die Freunde, während sie das Schicksal Ongwens, im Grunde einer von ihnen, diskutieren. Medial ist der kurze Exkurs interessant, er bleibt politisch aber – wie der ganze Film – vage.

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„Wrong Elements“ ist stark, wenn er die vier auf ihrer Reise in Kriegs-Erinnerungen begleitet, schwächelt aber, wenn Littell sich mit überdeutlichen Bildmetaphern oder psychologisierenden Fragen einmischt. Durch solche Zuschreibungen zerstört er die in seiner kunstvoll blockartigen Montage hergestellte Balance zwischen Zeugenschaft, Überlebenskampf und Schuldfragen. Dennoch ist sein Film ein wichtiger Gegenentwurf zu den Darstellungen in den westlichen Medien. Joseph Kony befindet sich derweil weiter auf der Flucht.

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