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Sänger Donovan 2009 in Cannes.

© dpa

Donovan wird 70: Die Verkörperung des Hippietums

Er sieht sich als Erneuerer - und nennt sich selber "Küken", weil er jünger als die Beatles und die Rolling Stones ist. Dem Sänger Donovan zum 70. Geburtstag.

Sarkastischer kann Selbstkritik kaum klingen. „When I look at my tomorrows, sorrow’s all I see“, singt Donovan zu einem blubbernden Bass, schneidigen Bläsersätzen und samtigem Backgroundgesäusel. Seine Zukunftsaussichten: traurig. „A Well Known Has-Been“ heißt der Song, eine waghalsige Mischung aus Calypsorhythmen und Blueselementen, der 1976 herauskam. Da war Donovan Philips Leitch gerade 30 Jahre alt geworden und doch schon ein Mann von gestern. Er hatte einen märchenhaften Aufstieg hinter sich und einen weniger märchenhaften Absturz.

Keiner verkörperte das Hippietum in Großbritannien perfekter als der schottische Sänger, der als Sohn der Arbeiterklasse in Glasgow geboren worden und in der südenglischen Kleinstadt Hatfield aufgewachsen war. Donovan hielt sich für einen „reinkanierten Barden“, gälischer Folk war ihm wichtiger als amerikanischer Blues. Er las William B. Yeats und Jack Kerouac und schrieb „This machine kills fascists“ auf seine Gitarre, eine Parole, die von Woody Guthrie stammte. Bereits das erste Demo-Tape, das er 1964 für das Label Pye Records aufnahm, enthielt die späteren Singles „Catch the Wind“ und „Josie“. Es folgten Hits wie der Antikriegsklassiker „Universal Soldier“ und die Flowerpowerhymnen „Mellow Yellow“ und „Sunshine Superman“, sein erster Nummer-Eins-Erfolg in den Vereinigten Staaten.

"Was sollte ich anderes tun, als zu experimentieren?"

Kritiker feierten Donovan als „englischen Dylan“, auch weil ihre Lockenköpfe einander ähnelten. Als Bob Dylan 1965 zu einer Tournee nach England kam, trafen sie sich und spielten einander ein paar Songs vor. Dylan gestand anschließend, Donovan sei „der bessere Gitarrist“. „Für mich war Dylan der Anführer der Protestbewegung“, hat Donovan später gesagt. „Wir alle haben seinen Stil kopiert, und ich habe wie er geklungen – ungefähr fünf Minuten lang.“

Nachdem er schon in seinem Song „Sunny Goodge Street“ Haschraucher besungen hatte, war Donovan 1966 der erste britische Musiker, der wegen Drogenbesitzes verhaftet wurde. Der Sergeant, der ihm auf einer Londoner Polizeiwache seine Fingerabdrücke abnahm, bat danach um ein Autogramm für seine Tochter. „Es war der Versuch, die Boheme-Kultur zu stoppen“, erinnert sich der Sänger. „Aber sie war nicht mehr aufzuhalten.“ Mit den Beatles flog er nach Indien, um beim Maharishi Mahesh Yogi die transzendentale Meditation zu erlernen, und brachte John Lennon das Picking-Spiel auf der Gitarre bei.

Donovan sieht sich als Erneuerer. „Ich hatte alles erreicht, was ein Singer/Songwriter erreichen kann“, sagt er über seinen Neuanfang Anfang der siebziger Jahre. „Was sonst sollte ich tun, als mit dem Erfolg zu brechen und zu experimentieren, egal was dabei herauskommt?“ Er gründete die Rockband Open Road und nahm mit „H.M.S. Donovan“, „Cosmic Wheels“ und „Essence to Essence“ seine besten Alben auf. Donovan nennt sich selber „Küken“, weil er jünger ist als die Beatles und die Rolling Stones. Heute wird er 70 Jahre alt.

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